Sturm „Xaver“ über Deutschland: Land unter im Norden

Der Orkan sorgt in Norddeutschland für Überflutungen. Größere Schäden blieben bisher aus, doch weitere Sturmfluten werden erwartet.

„Landunter“ auf der nordfriesischen Hallig Langeneß (Schleswig-Holstein) in der Nordsee. Bild: dpa

HAMBURG/KIEL dpa | Mit gefährlichen Böen bis zu 130 Stundenkilometer und einer Sturmflut hat das Orkantief „Xaver“ am Donnerstag im Norden gewütet. Die nordfriesischen Halligen wie Langeneß und Hooge meldeten „Land unter“. Trotz Wasserständen um 3,00 Meter über dem Mittleren Hochwasser blieb die Nordseeküste in Schleswig-Holstein nach erster Einschätzung von größeren Schäden verschont. Auch in Hamburg rückte die Feuerwehr bis zum frühen Abend nur zu rund 80 Wettereinsätzen aus. Der Fischmarkt am Hafen stand am frühen Abend allerdings wie erwartet unter Wasser. In der Nacht zum Freitag sollte die Flut in Norddeutschland deutlich höher ausfallen.

In der Hansestadt rechnete das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für Freitagmorgen gegen 6.00 Uhr mit dem Höchststand. Die Behörde warnte vor Wasserständen um 3,50 Meter über dem Mittleren Hochwasser, der unteren Grenze für die Kategorie "sehr schwere Sturmflut". „Das ist noch kein Problem für die Deiche¡, betonte jedoch Sylvin Müller-Navarra vom BSH. „Das ist alles im Rahmen dessen, was leicht abgefangen werden kann.“

Viele Straßen und Flächen werden aber aller Voraussicht nach überflutet werden - neben dem Fischmarkt, die Speicherstadt und die Promenade der Hafencity. Hochwassertore müssen geschlossen werden. Eine erste, niedrigere Sturmflut wurde am Donnerstagabend erwartet, eine dritte Sturmflut sollte am Freitagabend auflaufen. Zum Vergleich: Der bisher höchste Pegel wurde in Hamburg 1976 mit 4,67 Meter über dem Mittleren Hochwasser erreicht. Bei der großen Sturmflut 1962 stieg er auf 4,03 Meter. Die Deiche wurden nach der Naturkatastrophe ausgebaut, sie sind jetzt mindestens 7,60 Meter hoch.

„Xaver“ legte am Donnerstag das öffentliche Leben teilweise lahm. Am Hamburger Flughafen wurden von Donnerstagmittag an fast alle Landungen und Abflüge gestrichen, auch für Freitag gab es Absagen. Flughafenmitarbeiter schoben geparkte Kleinflieger zur Sicherheit in Hallen.

Auch den Bahnverkehr bremste der Sturm aus: Der Fernverkehr der Deutschen Bahn wurde in Schleswig-Holstein komplett eingestellt. Die Nord-Ostsee-Bahn (NOB) fuhr zwischen Hamburg-Altona und dem nordfriesischen Niebüll nicht mehr, es gab keinen Ersatzverkehr mit Bussen. Züge zwischen Kiel und Eckernförde sowie Kiel und Lübeck fielen aus, auch der "Sylt Shuttle" war nicht unterwegs. Auf mehreren Strecken wurde die Geschwindigkeit von Dieseltriebwagen gedrosselt.

Halligen abgschnitten

Die Inseln und Halligen vor Schleswig-Holsteins Küste waren vom Festland aus nicht mehr zu erreichen, die Fähren stellten den Betrieb ein. In Richtung Helgoland ging ebenfalls nichts mehr. Der Verkehr auf dem Nord-Ostsee-Kanal (NOK) kam zum Erliegen - wegen des extremen Hochwassers wurden die Schleusen in Brunsbüttel dicht gemacht. Die Schleusen des NOK haben bei Sturmflut die Funktion von Deichen und werden ab einem Pegelstand von acht Metern geschlossen.

In vielen Schulen im Norden fiel der Unterricht aus. In Hamburg und Schleswig-Holstein ist auch am Freitag schulfrei. Einige Kitas blieben ebenfalls zu. Die Uni in Kiel ließ ab Donnerstagmittag alle Lehrveranstaltungen ausfallen. Ähnlich war es in Flensburg - dort hatte Sturm "Christian" erst Ende Oktober Teile des Dachs des Uni-Gebäudes heruntergerissen. Die Stadtverwaltung in Kiel bleibt am Freitag geschlossen, auch die Müllabfuhr fällt aus.

Weihnachtsmärkte machten vielerorts vorzeitig dicht - etwa in Hamburg, Kiel und Lübeck. Der Hamburger Dom öffnete gar nicht erst. Die Schausteller hatten bereits zuvor ihre Fahrgeschäfte gesichert. Zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt - wie das traditionelle Grünkohlessen der Wirtschaft in Kiel und der Adventsempfang der Nordkirche in Hamburg. Die Straßen im Norden waren schon am Donnerstagnachmittag ungewöhnlich leer.

„Xaver“ hat auch Auswirkungen auf die Schifffahrt im Hamburger Hafen. Außergewöhnlich große Schiffe, die länger als 330 Meter oder breiter als 45 Meter sind, durften weder in die Elbe einlaufen noch den Hamburger Hafen verlassen. Beim Fährverkehr im Hamburger Hafen können am Freitag aller Voraussicht nach mehrere Anleger nicht mehr angesteuert - etwa am Fischmarkt und an der Elbphilharmonie.

Beriets zuvor brachte „Xaver“ Großbritannien katastrophale Zustände. Etwa 100.000 Haushalte in Schottland waren nach heftigem Wind ohne Strom. Straßen und Brücken waren gesperrt, der komplette Zugverkehr in Schottland war eingestellt. Ein Lastwagenfahrer starb, nachdem ein Windstoß sein Fahrzeug erfasst hatte und umkippte. Die Küstenwachen in Schottland, England und Wales warnten vor Überflutungen.

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