Die Wahrheit: Wippschwänze und Radratten

Aus der Belästigungsmaschinerie: So befreiend es sein kann herumzuhopsen, so sind doch einige Bewegungen strikt abzulehnen.

Ohne Not zusammengestaucht in einem „Windschnittig geht anders“-Gefährt: Liegendradler. Bild: imago / Ralph Peters

Eigentlich finde ich alles, was in Bewegung ist, nicht übel. Rumgehopse schadet nie, besonders nicht zum Jahreswechsel. Insgesamt gibt es nur wenige Bewegungen, die ich strikt ablehne: Faschisten etwa. Dann lange nichts. Und dann Männer auf Liegendfahrrädern – auch auf die Gefahr hin, mit dieser Hitliste den Faschismus zu verharmlosen. Aber ästhetische Verbrechen sind auch Verbrechen.

Liegendradler sind flachgelegte, flitzende Riesenratten, stinkend und schwitzend, ohne Not zusammengestaucht in einem „Windschnittig geht anders“-Gefährt inklusive Direktkontakt zur Auspufffront. Warum müssen sich diese Pseudo-Sportler so ducken? Kommen sie aus der Rückenschmerz-Liga? Leiden sie an Inkontinenz, wenn sie aufgerichtet fahren? Wollen sie dem Wind eins auswischen oder einfach nur mein ästhetisches Empfinden kränken?

Ich frage mich das jedes Mal, wenn ein flachgelegter Mann auf der Straße an mir vorbeigurkt. Dabei gibt es nichts, das weniger Sex ausstrahlt als Liegendradler. Ich fühle mich belästigt. Tiefergelegte Frauen kommen mir fast nie unter. Warum? Für Hinweise, die zur Aufklärung führen, bin ich dankbar. Schreiben Sie mir oder melden Sie sich bei den angeschlossenen Dienststellen.

Aber eigentlich ging es ja um Pferdeschwänze on the run. Hinter Faschisten und Liegendradlern belegen sie Platz drei auf der Anti-Bewegungs-Hitliste. Besonders belästigen mich dickere und dünnere, kürzere und längere Schwänze, wenn sie beim Joggen – ja, ich mag dieses altmodische Wort, heute heißt es „Laufen“ – wippen. Und zwar direkt vor mir. Ich werde nämlich wie magisch angezogen von Köpfen, die wie ein Wackeldackel vor mir hertraben. Und sofort wieder abgestoßen von diesem haarigen Gehänge hintendran. Männlich oder weiblich ist dabei ganz egal.

Fort von diesem traurigen Schweif!

Sehe ich einen Kopf mit Wackelschwanz, und ist er noch so weit entfernt, verspüre ich stante pede den Drang, zum Sprint anzusetzen. Denn diesem baumelnden Häufchen will ich auf alle Fälle voraus sein. Es haftet dem wippenden Pferdeschwanz etwas Lächerliches und Kindisches an. Fort, nur fort von diesem traurigen Schweif!

Die Füße sollen sich beim Laufen bewegen, meinetwegen noch die Arme, auch der Torso soll es, aber nicht jenes belanglose Anhängsel, das keinen Sportler ziert. Ganz besonders wenn es kümmerlich lang und dünn ist. Außerdem bringt dieses Wippen mich schlicht aus dem Takt, mache ich meine Runden.

Nächstens, schwor ich mir jüngst beim Joggen, und dabei kreuzte auch noch ein Liegendradler mit Pferdeschwanz meinen Weg, nächstens zöge ich los mit einer Dose Drei-Wetter-Taft und sprühte das klebrige Fixum rücklings auf die pferdeschwänzelnden Damen und Herren. Dann wäre ihr bestes Stück so steif, dass es hinten am Hals anpappte und nicht mehr schlackerte oder herumeierte.

Vielleicht wäre der Fall anders gelagert, ein echtes Pferd mit Schweif vulgo Schwanz trabte beim Joggen vor mir. Ist mir aber noch nicht untergekommen, der Fall. Ich laufe erst seit diesem beziehungsweise letztem Jahr. Kann ja noch werden.

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Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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