Von der Politik in die Wirtschaft: Pofalla auf der Schiene

Den Wechsel von Pofalla zur Bahn würden letztlich die Steuerzahler finanzieren. Die SPD fordert Sperrzeiten für Politiker, die in die Wirtschaft wechseln.

Könnte ihm das Bundestagsmandat kosten: Pofallas geplanter Umzug zur Deutschen Bahn. Bild: reuters

BERLIN taz | Es ist noch gar nicht so lange her, da menschelte es mächtig bei Ronald Pofalla. Als es Mitte Dezember darum ging, wer denn nun im neuen Kabinett welches Ministerium bekommt, winkte der Kanzleramtsminister generös ab. Er wolle sich, erklärte er, künftig auf sein Bundestagsmandat konzentrieren, sich mehr um sein Privatleben kümmern und womöglich in die Wirtschaft gehen.

Seit die Saarbrücker Zeitung berichtet hatte, Pofalla werde voraussichtlich in den Vorstand der Bahn AG wechseln und dort in einer eigens für ihn geschaffenen Abteilung für politische Kontakte in Berlin und Brüssel zuständig sein, steht die Frage im Raum, ob der Wechsel von Spitzenpolitikern in die Wirtschaft statthaft ist. Und wenn ja, zu welchen Bedingungen.

Bisher hat Pofalla die Meldung nicht bestätigt. Dass er sie nicht widerruft, kommt einer Bestätigung aber sehr nahe. Dafür spricht auch, dass die Bild am Sonntag unter Berufung auf Unionskreise meldete, Pofalla sei bereit, sein Bundestagsmandat aufzugeben, sollte der Bahn-Aufsichtsrat ihn in den Vorstand berufen. Bahn-Vorstände verdienen durchschnittlich 1,5 Millionen Euro jährlich, ein Mehrfaches von Pofallas bisherigem Minister-Salär.

Die Grünen verlangen von der Bundeskanzlerin, zu den öffentlich unklaren Plänen ihres Vertrauten Position zu beziehen. Die Bundesregierung lehnt jedoch jeden Kommentar ab, schließlich sei Pofalla nicht mehr ihr Mitglied. Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, erklärte, es könne nicht sein, „dass die Bundesregierung jetzt so tut, als habe sie mit dem Wechsel nichts zu tun, nur weil er seit ein paar Wochen dem Kabinett nicht mehr angehört“. Und Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Linken, spricht von Merkels „Günstlingswirtschaft“.

Die überparteiliche Internetplattform abgeordnetenwatch.de fordert schon lange eine Karenzzeit von drei Jahren zwischen dem Ausscheiden aus der Politik und dem Wechsel in die Wirtschaft. Gregor Hackmack, Geschäftsführer von Abgeordnetenwatch, sagte der taz: „Es kann nicht sein, dass Politiker sich gegenseitig in Staatsbetriebe verschieben, quasi als Trostpflaster.“ Die Kosten für Pofallas extra zu bildenden Vorstandsjob müssten „alle Bahnkunden, letztlich die Steuerzahler bezahlen. Ronald Pofalla muss einsehen, dass der Staat kein Selbstbedienungsladen für Politiker ist.“

Sperrzeit von 18 Monaten gefordert

Ähnliches ist aus der SPD zu hören. Der Abgeordnete Johannes Kahrs spricht sich für eine Sperrzeit von 18 Monaten aus, wenn Regierungsmitglieder ausscheiden. Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD eine „angemessene Regelung“ erarbeiten, „um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden“.

Auch SPD-Vorstandsmitglied Ralf Stegner mahnt eine Wartezeit bei Politikerwechseln in die Wirtschaft an. Es sei aber „kein handfester Skandal, wenn ein Regierungsmitglied zu einem Staatskonzern wechselt“, sagte er der Bild am Sonntag.

Ob Ronald Pofalla sich vielleicht doch künftig mehr seinem Privatleben und dem Bundestagsmandat widmen kann, wird man sehen. Wie der Spiegel meldet, regt sich auch im Aufsichtsrat der Bahn AG Widerstand gegen die Personalie. Die Berufung des CDU-Politikers werde „mit Sicherheit nicht einfach durchgewinkt“, zitiert das Magazin ein Mitglied des Gremiums.

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