Gefahrengebiet in Hamburg: Polizei im Dauerstress

Eine Region mit 80.000 Menschen befindet sich im Ausnahmezustand. Die Polizei kontrolliert, Anwohner machen Stadtteilrundgänge.

Kontrolle hier, Kontrolle da: Die Hamburger Beamten haben jetzt viel zu tun. Bild: dpa

HAMBURG taz | Hamburg steht Kopf. Weite Teile der westlichen inneren City sind seit dem Wochenende zum „Gefahrengebiet“ erklärt worden, um Personen mit schwarzen Outfit verdachtsunabhängig kontrollieren zu können. Eine Region mit 80.000 Einwohnern befindet sich faktisch im Ausnahmezustand.

Kein Abend vergeht seither, an dem sich nicht aus Protest „Stadtteilrundgänge durch das Gefahrengebiet“ mit mehreren hundert Teilnehmern formieren, die von starken Polizeieinheiten gestoppt werden und deren Teilnehmer Aufenthaltsverbote erhalten. Die US-Botschaft warnt vor dem Betreten des Gebiets.

Die Erklärung zum „Gefahrengebiet“ wurde von der Hamburger Innenbehörde und Polizei damit begründet, dass am 28. Dezember eine Gruppe von 40 vermummten Autonomen die St.-Pauli-Davidwache mit Steinen angegriffen habe – nur eine Woche nach einer Attacke auf das Kiez-Revier nach einem Heimspiel des FC St. Pauli. Während damals sieben „Peterwagen“ demoliert worden sind, sei diesmal ein Polizist durch einen Stein schwer verletzt worden. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass dieser zweite Angriff in einiger Entfernung von der Wache geschah.

Ein weiterer Grund für den Ausnahmezustand waren die schweren Ausschreitungen bei der Demonstration für den Erhalt des besetzten Stadtzentrums Rote Flora am 21. Dezember. Die Spitze der Demonstration mit 7.500 Teilnehmern, in der sich viele Autonome aus dem Bundesgebiet befanden, wurde von der Polizei nach wenigen Metern gestoppt, woraufhin es zu den heftigen Konfrontationen mit vielen Verletzten auf beiden Seiten gekommen war. Die Auseinandersetzungen breiteten sich über ganz St. Pauli aus. Die Hamburger Polizei befindet sich seit Monaten im Dauerstress, eine Demonstration folgt der nächsten.

Anlässe produzierte der Senat genug: So schickte Innensenator Michael Neumann (SPD) Polizisten auf die Straße, um die rund 300 libyschen Flüchtlinge der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ erkennungsdienstlich zu behandeln. Das sorgte für Wut in der autonomen Szene. Dort forderte man eine „Einstellung der rassistischen Kontrollen“, sonst werde „auf diese Gewalt mit derselben Entschlossenheit geantwortet“.

Zahlreiche Demonstrationen und Farbbeutel-Attacken auf SPD-Politiker waren die Folge – gerade auf Weihnachtsmärkten kam es zu nicht angemeldeten Demonstrationen. Oft reichte aber auch ein Facebook- oder Twitter-Spontandemo-Aufruf aus, um ein Großaufgebot an Polizisten in Alarmbereitschaft zu versetzen und in Atem zu halten.

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