Volker Beck über Hitzlsperger: „Kein Glaubensbekenntnis“

Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck über Homophobie im Fußball und die Bedeutung des Bekenntnisses zum Schwulsein.

Schöne Farben, kein Glaubensbekenntnis. Bild: photocase / twobot

taz: Herr Beck, ist Ihnen schon mal dazu gratuliert worden, bekennender Schwuler zu sein?

Volker Beck: Nein.

Herzlichen Glückwunsch!

Danke. Wobei ich es nicht schätze, wenn das Attribut „bekennender Schwuler“ bei jeder Gelegenheit vergeben wird. Denn ich halte Homosexualität nicht für ein Glaubensbekenntnis.

Ist es denn in Ordnung, davon zu sprechen, dass Thomas Hitzlsperger sich dazu bekannt hat, schwul zu sein?

In seiner spezifischen Situation, in seinem gesellschaftlichen Umfeld, ist das das Coming-out als Bekenntnis nicht falsch beschrieben. Es wäre dennoch falsch, ihn künftig als „bekennend“ zu apostrophieren, nur weil er nun offen schwul lebt. Niemand spricht ja beispielsweise von bekennenden Vätern oder bekennenden Müttern, es sind einfach Familienväter oder Familienmütter. Daraus macht man ja auch keinen Akt.

Haben Sie mit einem so großen Echo auf das Outing von Thomas Hitzlsperger gerechnet?

Es war mir klar, als ich über zeit.de davon las, dass es eine Riesenwelle gibt, wenn der erste hochkarätige Profifußballer in Deutschland sagt, dass er schwul ist. Das hat natürlich einen hohen Nachrichtenwert. Denn Homophobie ist in den Stadien ein großes Problem. Das ist ja der Grund, warum aktive Profifußballer sich bislang zurückhalten, weil sie Angst vor den negativen Reaktionen haben.

Tut der DFB genug, um diese Situation zu ändern?

Theo Zwanziger hat vieles auf den Weg gebracht, und der DFB hat jetzt durch Hitzlsperger die Möglichkeit zu zeigen, dass er hinter einem Fußballer steht, der damit offen umgeht und damit also diesen Schritt nutzt, um anderen Mut zu machen.

Was sollte das Coming-out für Sotschi bedeuten?

Ich will hier gerne den Lesben- und Schwulenverband zitieren der sagt, in Sotschi sind wir alle Lesben und Schwule, weil Lesben und Schwule unterdrückt werden. Deshalb wäre es gut, wenn sich auch die heterosexuellen Sportfunktionäre und Sportlerinnen und Sportler solidarisieren mit Verfolgten in Russland.

Durch einen Boykott der Spiele?

Nein, jeder, der nach Sotschi gehen will, der soll das tun. Aber er oder sie soll zeigen, dass er mit Putin und seinem System in der Menschrechtsfrage nicht einverstanden ist. Wie soll sich eine solche Solidarisierung ausdrücken? Durch Symbole oder Gesten, durch Regenbogenbuttons oder ein Regenbogenhandtuch. Man kann auch in Interviews darauf hinweisen oder sich demonstrativ mit Lesben und Schwulenorganisationen treffen, um zu zeigen, auf welcher Seite man steht.

Frau Merkel hat Thomas Hitzlsperger dazu gratuliert, dass er schwul ist. Ist das angemessen?

Es wäre dann angemessen, wenn sie damit ein Zeichen gegen Vorurteile setzen will.

Aber vielleicht will sie das?

Aber dann muss sie auch die Konsequenzen ziehen und eben keine vorurteilsbeladene Politik mehr machen. Das hieße, dass Frau Merkel die Eheschließungsfreiheit für gleichgeschlechtliche Paare gewähren müsste. Dies würde dann auch das Recht auf gemeinsame Adoption beinhalten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.