Insolvenz für niederländische Aluhütte: Von Deutschland ausgeknockt

Deutscher Industriestrom ist zu günstig. Eine holländische Aluminiumhütte muss schließen. Was sagt das über das Dauerlamento der Deutschen aus?

So malerisch und doch ein Streitthema: Strom und sein Preis. Bild: dpa

FREIBURG taz | Große Stromverbraucher in den Niederlanden leiden inzwischen unter den günstigen Preisen für Industriestrom in Deutschland. Jetzt hat die Aluminiumhütte Aldel (Aluminium Delfzijl) in der Provinz Groningen Insolvenz angemeldet und das mit „zunehmenden Preisdifferenzen für industriellen Grundlaststrom zwischen den Niederlanden und den umgebenden Ländern“ begründet.

Vor allem Deutschland ist damit gemeint. Seit Mitte 2012 geht es hier mit den Großhandelspreisen abwärts. Inzwischen sind sie deutlich niedriger als in den Niederlanden. Jenseits der Grenze zahlen Großverbraucher laut der Deutsch-Niederländischen Handelskammer in Den Haag bis zu 35 Prozent mehr für ihren Strom als ihre deutschen Konkurrenten.

Entsprechend berichtet das Zentrum für Niederlande-Studien, eine wissenschaftlichen Einrichtung der Universität Münster, darüber, dass die Aldel-Mitarbeiter wütend auf ihre Regierung sind: Der niederländische Wirtschaftsminister Henk Kamp habe es versäumt, für „deutsche Energiepreise“ zu sorgen – eine bemerkenswerte Formulierung, wo doch deutsche Unternehmen ihrerseits permanent über hohe Industriestrompreise klagen.

Fakt jedoch ist, dass die Preise für Grundlaststrom am deutschen Terminmarkt seit Anfang 2011 um ein Drittel gepurzelt sind. Verantwortlich dafür ist vor allem das zunehmende Stromangebot aus erneuerbaren Energien. Da deren Ausbau in den Niederlanden langsamer voranging, war der Rückgang der Börsenstrompreise dort in den letzten drei Jahren deutlich schwächer ausgeprägt.

Hohes Stromangebot in Deutschland

Eine Megawattstunde, die 2015 geliefert wird, wird im deutschen Großhandel derzeit für rund 36 Euro verkauft. Strom zur Lieferung in den Jahren 2016 und 2017 ist sogar noch einige Cent billiger. Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass die Marktakteure in Deutschland auch weiterhin mit einem hohen Stromangebot rechnen. In den Niederlanden waren die vergleichbaren Kontrakte in den letzten Wochen mehr als sechs Euro teurer, und auch im Atomland Frankreich liegt das Preisniveau seit fast zwei Jahren höher als in Deutschland.

Den Niederländern bereitet aber auch ihre Kraftwerksstruktur Probleme: „Das Land ist stark durch Gaskraftwerke geprägt“, sagt Philipp Götz, Marktanalyst beim Berliner Energy Brainpool. „Und das schlägt auf das Preisniveau durch.“ Strom aus Erdgas ist zur Zeit im Vergleich zum Kohlestrom deutlich teurer. Das liegt zum einen daran, dass der Kohlepreis in den vergangenen zwei Jahren deutlich gefallen ist, weil die USA den Weltmarkt mit ihrer Kohle fluten – das Land exportiert vermehrt Kohle, weil es mittels Fracking derzeit viel Erdgas aus dem Boden presst, mit dem es einen Großteil des eigenen Bedarfs deckt.

Hinzu kommt, dass in Europa Gaskraftwerke leiden, seit sie durch den Preisverfall im Emissionshandel ihren ökologischen Vorteil gegenüber der Kohle nicht mehr angemessen honoriert bekommen. Zwar fließen während der meisten Stunden des Jahres mehrere tausend Megawatt Strom aus Deutschland in die Niederlande und dämpfen auch dort die Preise.

Doch den Unternehmen dort reicht das nicht: „Die Großverbraucher in den Niederlanden würden gerne noch mehr günstigen Strom in Deutschland kaufen“, sagt ein Sprecher der Deutsch-Niederländischen Handelskammer. Dem allerdings stehen fehlende Transportkapazitäten entgegen. Die grenzüberschreitenden Leitungen reichen für noch höhere Importmengen aus Deutschland nicht aus.

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