Kommentar Abzug aus Afghanistan: Dranbleiben, ehrlich werden

Mehr Geld für die Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan ist gut, Transparenz ist besser. Wie wäre es mit einer Liste aller deutschen Projekte?

Die Vermischung von Militär und Entwicklung zählt zu den gravierendsten Problemen des Afghanistan-Einsatzes. Bild: dpa

Was lässt sich schon dagegen sagen, wenn die Bundesregierung die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit (EZ) mit Afghanistan aufstockt? Will man das Geld aber sinnvoll einsetzen, entsteht Diskussionsbedarf. Voraussetzung ist Transparenz, und die wird bisher fein dosiert.

Die Bundesregierung wollte uns bisher etwa weismachen, in Nordafghanistan habe sich die Sicherheitslage verbessert. Gleichzeitig hielt man aber Details zurück. Die jetzt veröffentlichten Zahlen – Zunahme „sicherheitsrelevanter Vorfälle“ um 35 Prozent – sprechen eine andere Sprache, auch wenn Quantität nicht das einzige Kriterium ist. Das Berichten künftig den Afghanen zu überlassen, riecht nach Strategie, um die Diskurshoheit zu behalten und weiter behaupten zu können: Alles wird besser, Entwicklungsprojekte sind kein Problem.

Aber das ist eben nicht so. Zum einen können Projekte nur dann gut umgesetzt werden, wenn man ab und zu selbst nach dem Rechten sehen kann. Zugang aber schwindet mit der zunehmenden Zahl von Angriffen. Zum anderen ist Sicherheit nicht automatisch gleich Anwesenheit von Bundeswehr oder Nato-Truppen.

Von Ausnahmen abgesehen, wollen sich die meisten Hilfswerke nämlich nicht von Soldaten schützen lassen. Und das gar nicht – wie es ihnen oft, auch vom bisherigen Entwicklungsminister, vorgeworfen wurde – aus ideologischen Gründen. Sondern weil als Entwicklungshelfer getarnte Spezialtruppen für Konfusion und Misstrauen sorgen. So ist das schlicht eine Überlebensfrage.

Die bisher erste und letzte öffentliche Evaluierung deutscher EZ ist von 2010 und beschränkt sich auf Nordafghanistan sowie darauf, was die örtliche Bevölkerung über sie denkt. Diese Punkte sind wichtig, aber nicht alles.

Können wir bitte einmal eine Liste aller deutschen EZ-Programme und -Projekte seit Ende 2001 sehen? Nur dann ließen sich nämlich Schwachstellen ausmachen, Fehler erklären und die Debatte insgesamt aus der Expertenecke herausholen.

Die Vermischung von Militär und Entwicklung, die Armutsüberwindung zur Funktion von Aufstandsbekämpfung machte, gehört zum Problematischsten, das der Afghanistan-Einsatz hervorgebracht hat. Das muss aufhören.

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