US-Agrarreform: Armen Amerikanern droht Hunger

Das neue Landwirtschaftsgesetz soll Farmer in den USA besser gegen Ernteausfälle absichern. Verlierer sind die Bezieher von Lebensmittelmarken.

Mehr Mais: Der Anbau der Kolben könnte intensiviert werden. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Die Großbauern im Mittleren Western, die Fischzüchter im Süden, die Milchproduzenten, Agro-Konzerne wie Monsanto und Getreideversicherer können aufatmen: Ihre Interessen sind gewahrt. Millionen von Armen in den USA hingegen droht zusätzlicher Hunger. Dafür sorgt das Landwirtschaftsgesetz, das der US-Senat am Dienstag mit einer klaren Mehrheit verabschiedete. Präsident Barack Obama hat angekündigt, dass er das Gesetz noch am Freitag dieser Woche unterzeichnen werde.

Im US-Haushalt ist die Landwirtschaft einer der großen Posten. Die neue „Farm Bill“ wird die Steuerzahler in den nächsten zehn Jahren rund 1 Billion US-Dollar kosten – mitgerechnet die Einsparungen von rund 16,6 Milliarden Dollar, die das Gesetz vorsieht. Der größte einzelne Sparposten sind die Lebensmittelmarken. Ihr Topf wird binnen zehn Jahren um 8 Milliarden Dollar gekürzt.

48 Millionen Menschen erhalten derzeit die Lebensmittelmarken. Zu ihnen gehören nicht nur Arbeits- und Obdachlose, sondern auch eine wachsende Zahl von Niedriglohnempfängern. Direkt von den Kürzungen betroffen sind knapp 2 Millionen Food-Stamp-Bezieher. Sie erhalten künftig durchschnittlich 90 Dollar weniger im Monat für Nahrungsmittel.

Und das ist bereits ein kleiner Erfolg: Ursprünglich hatten Republikaner einen 40-Milliarden-Dollar-Einschnitt verlangt. Sowohl im Repräsentantenhaus, als auch im Senat haben auch zahlreiche Demokraten das neue Gesetz angenommen. Aus unterschiedlichen Motiven stimmten lediglich Linksaußen der Demokraten und radikal rechte Vertreter der Tea Party dagegen.

Lobbyisten

350 Lobbyisten – darunter Vertreter von Großbauern, Hühnerzüchtern und Repräsentanten der Agrokonzerne – haben sich in der heißen Phase der Verhandlungen über das Landwirtschaftsgesetz im Kongress registriert. Ihr Engagement ist dem jetzt verabschiedeten Gesetz anzumerken: Es beendet die seit Jahrzehnten existierende Praxis direkter Zahlungen, die die Bauern in guten wie in schlechten Zeiten erhielten – und ersetzt sie durch die Subventionierung von Versicherungen, die gegen schlechte Ernten absichern. Angesichts von zahlreichen Dürren und Überschwemmungen in den letzten Jahren, die wegen der Klimaveränderungen noch zunehmen dürften, könnten diese Garantien langfristig teurer werden als die bisherige Politik.

Die Herstellung der Massenprodukte der US-Landwirtschaft – von Mais, an oberster Stelle, über Soja bis hin zu Zucker – kann sich mit dem neuen Gesetz noch intensivieren. Bei Landwirtschaftsprodukten wie Sushi-Reis könnten die Risikoversicherungen im neuen Landwirtschaftsgesetz ausländische Konkurrenten weiter schwächen.

Neue Nachteile drohen auch Wels-Züchtern in Vietnam und anderen Ländern, die gegenwärtig viel Fisch in die USA liefern. Das Landwirtschaftsgesetz sieht – das haben Politiker aus den Südstaaten durchgesetzt – veränderte Kontrollen des Fischs vor. Der republikanische Senator John McCain, der sich vergeblich gegen diese Bestimmung eingesetzt hat, nennt sie „protektionistisch“.

Auf Druck von Hühnerzüchtern hat der republikanische Abgeordnete Peter King versucht, Tierschutzgesetze in einzelnen verschiedenen Bundesstaaten auszuhöhlen. Etwa in Kalifornien, wo nur Eier verkauft werden dürfen, die von Hühnern stammen, die einen bestimmten Auslauf haben. Dieser Versuch ist gescheitert. Hingegen hat der republikanische Senator Mitch McConnell aus dem Bundesstaat Kentucky zusätzliche Möglichkeiten für die Hanfforschung durchgesetzt.

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