ALG I für Kulturschaffende: Künstler dürfen nicht arbeitslos sein

Nur 222 Anträge auf einfacheren Zugang zum Arbeitslosengeld I wurden im Jahr bewilligt. Die Grünen fordern eine grundlegende Reform.

Gut gedacht, schlecht gemacht - die Absicherung für Kulturschaffende. Bild: dpa

BERLIN taz | Nur eine Handvoll Kulturschaffende profitiert von einem erleichterten Zugang zum Arbeitslosengeld I (Alg I). Das geht aus einem Bericht der Bundesregierung hervor, der der taz vorliegt. Demnach wurden zwischen April 2012 und Ende März 2013 bundesweit 314 Anträge auf die Versicherungsleistung Alg I gestellt, rund zwei Drittel von Kulturschaffenden. 222 Anträge wurden schließlich bewilligt.

2009 führte die große Koalition eine Regelung ein, nach der sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die Arbeitsverträge von kurzer Dauer haben, einfacher Alg I bekommen können. Vor allem SchauspielerInnen, Kamera- und Tonleute hangeln sich mit Kurzzeitverträgen durchs Leben.

Die Sonderregelung sieht vor, dass solche Arbeitnehmer bereits dann Alg I erhalten können, wenn sie innerhalb der letzten zwei Jahre sechs Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Normalerweise greift ein Alg I-Anspruch erst nach 12 Monaten Beschäftigung innerhalb der letzten zwei Jahre.

Doch für die Kurzzeitarbeitenden wurden weitere Hürden wie eine Verdienstobergrenze eingeführt. Zudem werden nur Verträge, die nicht länger als 10 Wochen dauern, auf die sechs Monate angerechnet. Bis August 2012 lag die Grenze noch bei sechs Wochen. Doch als unter dieser Regelung zuletzt nur 219 Anträge genehmigt worden waren, führte die schwarz-gelbe Bundesregierung 2012 die 10-Wochen-Grenze ein. Mit dem Ergebnis, dass nun drei Anträge mehr Erfolg hatten. Und das, obwohl sich die Zahl der potenziell Anspruchsberechtigten von rund 7.500 auf 40.000 erhöhte. Und in neun von 12 Monaten des Berichtszeitraums bereits die 10-Wochen-Regel galt.

Arbeitslos? Die meisten rutschen direkt in Hartz IV

„Das Instrument ist weitgehend wirkungslos, es zeigt allenfalls Placeboeffekte“, sagt Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion. Statt einer Sonderregelung für wenige fordern die Grünen, die Hürden für den Bezug des Alg I für alle zu senken.

Denn zwei Drittel aller Arbeitslosen rutschen umgehend in die Grundsicherung Hartz IV. Und das, obwohl viele in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Laut Pothmer sollte bereits nach vier Monaten Beitragszeit ein zweimonatiger Bezug von Alg I möglich sein, bei sechs Monaten ein dreimonatiger Bezug etc. Die Obergrenze soll für unter 50-Jährige nach wie vor bei maximal 12 Monaten Alg I für zwei Beitragsjahre liegen.

Union und SPD sehen laut Koalitionsvertrag keinen Grund für große Reformen. Allenfalls für die Kulturschaffenden will man nachjustieren. Sie sollen ihre sechs Monate Beschäftigung künftig innerhalb von zwei, statt von drei Jahren ansammeln können. Doch dies „würde den Zugang sogar eher erschweren“, stellte die Bundesagentur für Arbeit bereits 2012 fest.

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