Prüfung von rechten Gewalttaten: Das BKA muss sich hinterfragen

Das Innenministerium weist das BKA an, Kriterien bei der Aufarbeitung rechter Gewalt neu zu prüfen. Die Grünen hatten diese als „diffamierend“ kritisiert.

Weiter sauer aufs BKA: Volker Beck, hier neben Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Bundeskriminalamt soll seine Ermittlungskriterien bei der Aufarbeitung möglicher rechtsextremer Gewalttaten neu prüfen. Das teilte das Bundesinnenministerium dem Grünen-Rechtsexperten Volker Beck mit – und reagierte damit auf dessen scharfe Kritik.

Beck hatte sich kürzlich in einem Schreiben an Innenminister Thomas de Maizière (CDU) über den Kriterienkatalog beschwert. Mit diesem lässt das BKA seit Bekanntwerden der NSU-Morde 745 versuchte oder vollendete Tötungsdelikte nochmals auf einen rechtsextremen Hintergrund überprüfen.

In dem Katalog werden sechs Kategorien genannt, welche die Ermittler abgefragen sollen: darunter die Herkunft der Opfer, ihre Religion oder ihre (linke) politische Einstellung. Beck kritisierte die Kategorie „sexuelle Orientierung“, zu der die Ermittler „z.B. Homosexuelle, Transsexuelle, Sexualstraftäter“ nennen. Der Grüne nannte diese Zusammenfassung „unerträglich“ und „diffamierend“.

Gleiches gelte für die Kategorie „gesellschaftlicher Status“, worunter neben Obdachlosen, Drogenabhängigen und Kriminellen auch „Deutsche in Ehe-/Liebesbeziehung mit Ausländern“ genannt werden. Diese Gleichsetzung, sagte Beck, „grenzt an institutionalisierte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“.

BKA soll „Umformulierungen“ finden

In einem Antwortschreiben des Innenministeriums an Beck, das der taz vorliegt, kündigt de Maizières Staatssekretär Günter Krings (CDU) nun an, die Kriterien zu überarbeiten. Er habe das BKA gebeten, „geeignete Umformulierungen“ zu prüfen, schreibt Krings, „um zukünftig eventuellen Missverständnissen, die mit der Anordnung der Opfergruppen einhergehen, vorzubeugen“.

Den bisherigen Katalog verteidigt Krings dennoch: Dieser sei von „polizeiinternen Spezialisten und externen Wissenschaftlern aus dem Bereich der Rechtsextremismusforschung entwickelt“ worden.

Die Beispielfälle seien „keine Bewertungen oder Unwerturteile, sondern knüpfen an Umstände an, die bei rechtsmotivierten Hassstraftätern erfahrungsgemäß impulsgebend sind“. Ziel sei es, so Krings, „auf möglichst umfassender Grundlage Fälle herauszufiltern“, die ein rechtsextremes Motiv haben könnten.

Beck ist nicht zufrieden

Beck kritisiert die Antwort als ungenügend. „Die Überprüfung der Kriterien reicht nicht“, sagt der Grüne. „Für die Opfer, die hier mit Kriminellen und Sexualstrafttätern in eine Schublade gesteckt werden, ist das ein Hohn.“ Beck fordert eine komplette Neukonzipierung des Katalogs. „Es bleibt ein Skandal, dass das Innenministerium die Kategorien auch noch verteidigt.“

Auch der Lesben- und Schwulenverband hatte das Polizeivorgehen kritisiert. Opfer mit Tätern zu vermengen sei „absurd“, hieß es dort.

Das BKA will bis Mitte des Jahres seine Prüfung abschließen. Bisher haben Sicherheitsbehörden bei 63 Tötungsdelikten seit 1990 ein rechtsextremes Tatmotiv offiziell anerkannt. Opferverbände zählen dagegen rund 150 Tote durch rechte Gewalt.

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