Facebook führt Werbevideos ein: Die Rückkehr zum Zappelnetz

Facebook führt Werbevideos ein, die automatisch starten, wenn man vorbeiscrollt. Kommt jetzt das furchtbare Internet aus den 90ern zurück?

Ganz so schlimm wird's dann doch nicht. Screenshot: youtube.com/user/SquirrelMonkeyCom

BERLIN taz | Nun also auch Videowerbung. Seit Donnerstag spielt Facebook seinen Nutzern Werbevideos zu. 15 Sekunden werden sie lang sein, Werbespots im Fernsehen ähneln und automatisch aufspringen, wenn Nutzer durch ihre Timeline scrollen, gab Facebook bekannt. Als versuche das Netzwerk nicht schon häufig genug mir etwas zu verkaufen.

Eine Datingbörse hat zu viele Frauen, behauptet sie, und besonders wichtig: Sie brauche Männer über 25. Mich also. Eine Flugbörse hat mich durchs Netz verfolgt und bietet mir den Flug an, den ich vor zwei Tagen schon gebucht habe. Schuhe soll ich kaufen, Klebeband, DSL, eine CD und in einen Club gehen. Scrolle ich durch meine Timeline, soll ich ein Smartphone kaufen. Es ist ein gesponserter Post zwischen Essens- und Urlaubfotos, zwischen Artikelempfehlungen und Belanglosigkeiten.

Es ist erstaunlich, was aus Facebook geworden ist. Als er Facebook gründete und in den Jahren danach, setzte sich Mark Zuckerberg vor allem von Myspace ab. Das soziale Netz, das Anfang der nuller Jahre seine Hochzeit hatte, sei zu vollgemüllt mit Werbung, kritisierte Zuckerberg. Es konzentriere sich zu sehr auf die geschäftliche Seite. Für seinen Dienst lehnte er jahrelang Werbung ab und verbot auch noch diese zappelnden animierten Grafiken, die viele Nutzer auf Myspace als Profilbilder verwendeten.

Inzwischen ist Myspace in der Unbedeutsamkeit verloren, Facebook konzentriert sich aufs Geschäftliche. Und mit der Videowerbung kommen die animierten Grafiken auch wieder zurück: Scrollt man durch die Timeline, werden die neuen Werbevideos anfangen zu zappeln, klickt man drauf, wird auch noch der Ton abgespielt.

„Glückliche Zufälle“ – jetzt bezahlt

Natürlich ist es nicht ganz so schlimm, wie es mal war, damals als noch Text durch den Bildschirm flog oder blinkte, Bilder schrecklich formatiert waren und die Schrift jede erdenkliche Farbe annahm, die es gab. Und natürlich ist es nicht wirklich erstaunlich, dass Facebook Geld verdienen will, dass die wahren Kunden des Netzwerks die Werbenden sind und nicht die Nutzer. Und die Videos werden wohl eine lukrative Einnahmequelle sein: Bis zu 2,5 Millionen Dollar soll ein Spot pro Tag wohl kosten.

Vor noch gar nicht so langer Zeit, im Jahr 2010, sprach Zuckerberg, wenn es um Facebook ging, von „Serendipity“, von glücklichen Zufällen. „Man geht in ein Restaurant und man trifft zufällig einen Freund, den man schon eine Weile nicht gesehen hat. Das ist toll“, sagte er der Zeitschrift Time. „Ich glaube, das ist gar nicht so selten. Wir verpassen es nur in 99 Prozent der Fälle. Wie oft ist man in demselben Restaurant und sieht sich nicht, weil man auf anderen Seiten des Raumes ist. Oder man verpasst sich um 10 Minuten? Oder sie sind im benachbarten Restaurant?“

Werbung auf Facebook sollte organisch sein, meinte er. Freund empfehlen einander Fernsehserien und Musik, und sehen, wenn sie gerade am selben Ort sind. So müsse das ganze Internet werden, fand er damals. Inzwischen wird Facebook wie der Rest des Internets.

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