Emissionshandel in UN-Klimabericht: Rotstift nach Zensurvorwurf

Nach Protesten ändert die Bundesregierung zwei Passagen eines Textes zum UN-Klimabericht. Das Umweltministerium findet den „Vorwurf der Manipulation absurd“.

Kohlendioxid-Schleuder: Europas größtes Kohlekraftwerk in Belchatow in Polen. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Bundesregierung hat unter öffentlichem Druck eine umstrittene Erklärung zum UN-Klimabericht in zwei Passagen verändert. Damit reagiert die Regierung auf die Vorwürfe, sie habe den Inhalt des Berichts aus politischen Gründen verfälscht.

In den „Kernbotschaften“ aus dem Ministerium, die die wichtigsten Ergebnisse des UN-Klimarats IPCC zusammenfassen, werden jetzt zwei Aussagen zum Emissionshandel umformuliert. Das erklärte das Bundesumweltministerium am Montag auf Anfrage der taz. Dennoch sei „der Vorwurf der Manipulation und Verfälschung des IPCC-Berichts absurd und entbehrt jeder Grundlage“, erklärte das Ministerium.

Anlass für die Debatte sind zwei Sätze in einem vierseitigen Papier, mit dem Umwelt- und Forschungsministerium, Umweltbundesamt und die deutsche IPCC-Koordination die „Kernbotschaften“ des umfangreichen IPCC-Berichts der Arbeitsgruppe III übersetzen und zusammenfassen. Zum Emissionshandel hieß es da bislang, er „beeinträchtigt die Wirkung anderer Maßnahmen“ und brauche für einen Erfolg „ausreichend hohe Preise für Zertifikate“. Diese Passagen waren auf Kritik gestoßen.

In der neuen Version wird nun klargestellt, „zusätzliche Maßnahmen“ (wie Emissionshandel) führten „nicht zu zusätzlichen Emissionsminderungen“, wenn die Obergrenze der Zertifikate gleich bleibe. Und statt der „ausreichend hohen Preise“ seien für den Erfolg vor allem „bindende und strenge Obergrenzen“ wichtig – die dann wiederum zu höheren Preisen führen könnten.

Explosive Vorwürfe

So sehr die Aussagen des Papiers ökonomische Binsenweisheiten sind, so schnell führten sie zu explosiven Vorwürfen. Gegen die ursprünglichen Formulierungen hatte Ottmar Edenhofer protestiert, Vorsitzender des IPCC-Gremiums, Klimaökonom und Vizedirektor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Sie gäben „die Aussagen des IPCC-Berichts nicht korrekt wieder“. Die Welt am Sonntag hatte deshalb von einer „dreisten Berichtsfälschung der Klimatrickser“ geschrieben: Weil der Bundesregierung die IPCC-Kritik am EU-Emissionshandel nicht passe, verdrehe sie die Aussagen des Klimarats.

Was klingt wie ein komplizierter Expertenstreit um Details, hat einen konkreten politischen Hintergrund. Denn schon lange werfen Gegner der Energiewende wie der Chef des Münchner ifo-Instituts Hans-Werner Sinn der Bundesregierung vor, der teure Ausbau der Erneuerbaren bewirke nichts für den Klimaschutz: Unter einem europäischen Emissionshandel sei die Obergrenze für CO2-Emissionen ohnehin festgelegt – jede Tonne CO2, die durch einen Windpark in Deutschland eingespart wird, werde etwa durch ein Stahlwerk in Polen wieder emittiert. Diese Kritiker sahen sich durch manche Aussagen des Weltklimarates bestätigt.

Tatsächlich berücksichtigt dieser Vorwurf gegen den Emissionshandel nur die nationale Perspektive. Die Kritiker verschweigen, dass der Zubau der Erneuerbaren in der EU sehr wohl zur Senkung der Emissionen führt. Denn in die Berechnung der europaweiten Obergrenze, die jedes Jahr um 1,7 Prozent abgesenkt wird, fließt der Ausbau der Erneuerbaren mit ein. Das erklärte auf Anfrage die „Deutsche Emissionshandelsstelle“, eine Behörde des Umweltbundesamts.

Ohne die Windräder und Solaranlagen läge also diese EU-weite Deckelung deutlich höher. Und sind die Anlagen einmal gebaut, sollen sie bis 2020 insgesamt 20 Prozent des EU-Stroms erzeugen. Um diese Zahl werde die Obergrenze nach 2020 dann niedriger liegen – und die Emissionen vermeiden, die sonst durch fossile Brennstoffe entstünden.

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