Kommentar Greenpeace: Too green to fail

Sonst ist Greenpeace so professionell: Die Schlamperei mit dem Geld ist schwer erträglich. Trotzdem muss man gerade jetzt weiter spenden.

Das Ausmaß an Stümperei überrascht: Greenpeace-Zentrale in Amsterdam. Bild: dpa

„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet und der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.“ An ihrem Slogan haben die „Regenbogenkrieger" von Greenpeace im aktuellen Finanzskandal nun schwer zu knabbern. 3,8 Millionen Euro haben sich in Luft aufgelöst, denn in der Buchhaltung ging es drunter und drüber. Und niemand hat die Gefahr gesehen.

Das Ausmaß an Stümperei überrascht in einer Organisation, die sonst so professionell arbeitet. Ihre wissenschaftlich fundierten Forderungen und Alternativen haben weltweit Debatten um Umwelt und Politik vorangebracht. Ihr Umgang mit den Medien ist erstaunlich effektiv und ihre Kunst, Politik und Politiker unter Druck zu setzen, wird von anderen NGOs gern kopiert. Da fällt die Wurschtigkeit, mit der Spendermillionen verbrannt wurden, sehr unangenehm auf.

Wohlgemerkt: Spenden, die zu über 90 Prozent von Normalbürgern kommen, wie Greenpeace immer gern betont. Da liegt die moralische Latte noch einmal höher als in Unternehmen, die im Zweifel das Geld ihrer profitorientierten Eigentümer in den Sand setzen.

Und dennoch: Trotz allen Zähneknirschens sollte niemand seinen Dauerauftrag für Greenpeace kündigen. Das Geld ist nicht wie bei Lehmann Brothers in einem irren Spekulationskarussell „verzockt“ worden, sondern wurde verloren, um Gefahren von Währungsschwankungen zu minimieren; niemand hat sich bereichert; und die Ökos werden sich nun sehr um Transparenz beim Geld bemühen.

Es hat sich eingebürgert, von Greenpeace als einem „globalen Umweltkonzern“ zu reden. Das stimmt, verzerrt aber die Relationen. Greenpeace ist ein Unternehmen, das mit gut 2.000 Angestellten weltweit, Millionen von Freiwilligen und einem Umsatz von nicht mal 300 Millionen Euro funktioniert. Dieser David legt sich mit Goliaths wie Shell oder Gazprom an, die jeder für sich mal eben bis zu hundertmal mehr Gewinn machen, indem sie die Umwelt zerstören.

Umso wichtiger ist es, das Geld für grüne Zwecke sorgsam zu hüten. Denn ohne ökonomische Rückendeckung ist die Bewahrung der Lebensgrundlagen aussichtslos. Greenpeace ist eine der richtigen und wichtigen Antworten der globalen Zivilgesellschaft auf den entfesselten Kapitalismus. Nicht umsonst trägt die Organisation neben dem „Grün“ auch noch den „Frieden“ einer gerechteren Welt im Namen.

Die Regenbogenkrieger haben mit dem Geld geschlampt, aber ihr Anliegen ist und bleibt überlebenswichtig. Eine Bank kann man pleite gehen lassen, es gibt viele andere. Aber Greenpeace wird noch dringend gebraucht.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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