Kommentar Neuland-Fleisch: Der Skandal nach dem Skandal

Neuland versichert, Tiere artgerecht zu halten. Ob Konsumenten das glauben, ist eine Frage des Vertrauens – und das ist noch nicht wieder da.

Mit Anfassen: ein Neuland-Hof in Quickborn Bild: dpa

Dass unter dem hochgelobten „Neuland“-Siegel für artgerechtere Tierhaltung Fleisch ohne Zertifizierung des Vereins verkauft wurde, war ein Skandal. Dass der Verein jetzt aber entschieden hat, mit den beteiligten Firmen trotz aller Verfehlungen auch weiterhin zusammenzuarbeiten – das ist der Skandal nach dem Skandal.

Unstrittig ist: Die Verbraucher wurden getäuscht. Sie haben den Preisaufschlag für Neuland-Geflügel- und Lammfleisch bezahlt, aber billigeres konventionelles Fleisch bekommen. Manche „Neuländer“ versuchen, diese Vorgänge mit der Aussage zu relativieren, dass die Ware zumindest teilweise nicht aus „Massentierhaltung“, sondern von kleineren Höfen gekommen sei.

Das kann man glauben – oder auch nicht. Die Kunden können im Laden jedenfalls nicht überprüfen, ob alle Regeln eingehalten wurden. Genau das soll das Neuland-Siegel aber garantieren.

Schlimm genug, dass all das wegen eklatanter Mängel im Kontrollsystem des Vereins passieren konnte. Noch schädlicher für den Ruf der Marke ist: Der Verein trennt sich nicht von jenen, die den Skandal verursacht oder ermöglicht haben. Wenn ein leitender Mitarbeiter öffentlich zugibt, dass er Hühner- und Lammfleisch ohne Genehmigung verkauft hat, und trotzdem im Amt bleibt, signalisiert das: Wer gegen Regeln verstößt, hat bei Neuland nicht viel zu befürchten.

Das aber könnte das Vertrauen der Konsumenten in das Neuland-Siegel erschüttern. Den Konsumenten dürfte egal sein, dass angeblich juristische Gründe verhindern, die Verantwortlichen zu schassen. Fraglich ist, ob die Verbraucher langfristig wirklich weiter das Schweine- und Rindfleisch von Neuland kaufen werden, das ja bislang nicht von dem Skandal betroffen ist. Besser, Neuland räumt jetzt auf – und zwar konsequent.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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