Stadtplanung: Die Räume oben am Fluss

Mit dem Konzept „Stromaufwärts“ soll Hamburgs Osten neu entwickelt werden. Platz für 20.000 Wohnungen sowie Grün- und Wasserachsen an Elbe und Bille.

Hier geht es los: das neue Rothenburgsort zwischen Hafencity (unten), Elbe (rechts) und Bille (links). Bild: BSU

HAMBURG taz | Wenn Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ins Schwärmen gerät, muss es sich um etwas ganz Besonderes handeln. „Das ist ein ganz großartiges Stück Stadtplanung“, behauptete er am Dienstag im Rathaus, als er die Pläne für die Entwicklung des Hamburger Ostens vorstellte. Die Zukunft der Stadt liege „stromaufwärts an Elbe und Bille“, erläuterten Scholz und Oberbaudirektor Jörn Walter. „Es wird überall Grün- und Wasserachsen geben, wie man sie sich bisher noch gar nicht vorstellen kann“, so Scholz.

Auch Walters fast einstündige Präsentation der Details wimmelte nur so von „großartigen Räumen“, „wunderbar historischen Straßenzügen“, „traumhaften Landschaften und Baumbestand“. Es sei eine „einmalige Gelegenheit“, so Walter, die funktionale Trennung von Wohnen und Arbeiten aufzuheben und beides in einem städtischen Zusammenhang zu verknüpfen: „Wir wollen Urbanität schaffen.“

Der gesamte Osten der Stadt zwischen dem Hauptbahnhof und Mümmelmannsberg soll weiterentwickelt werden. Im Mittelpunkt stehen der Bau von Wohnungen und die Anlage von Grünzügen als Parks – und als „Mobilitätsachsen“ für Radfahrer und Fußgänger. Eine solche Achse führt entlang der Elbe von der Hafencity bis in die Vier- und Marschlande. Sie wird ergänzt durch zwei Nord-Süd-Verbindungen: Von der Außenalster über Berliner Tor und Rothenburgsort und von der Wandse durch Hamm, Horn und Billbrook an die Elbe.

Das bestehende „Bündnis für Wohnen“, das für jährlich mehr als 6.000 neue Wohnungen in Hamburg sorgen soll, wird auf den Osten erweitert zu einem „Bündnis für Quartiere“, das Senat, Bezirk Mitte, Saga/GWG, weitere Wohnungsgenossenschaften und private Investoren schließen sollen. So sollen 15.000 bis 20.000 Wohnungen im Drittelmix entstehen: je ein Drittel Eigentums-, Miet- und geförderte Wohnungen.

Das Gebiet umfasst die Stadtteile Borgfelde, Hammerbrook, Rothenburgsort, Hamm, Horn, Billstedt und Billbrook.

Mit 44 Quadratkilometern Fläche macht es rund sechs Prozent der Hamburger Stadtfläche aus; 6,4 Quadratkilometer sind Grünflächen und 4,5 Quadratkilometer Wasser.

Knapp 85.000 Wohnungen gibt es in dem Gebiet, davon vermietet 20.575 die städtische Saga/GWG; 18.315 Wohnungen unterliegen sozialer Bindung.

162.766 Einwohner hat das Gebiet derzeit, vor dem Zweiten Weltkrieg waren es mehr als 240.000.

Migrationshintergrund haben 45 Prozent der BewohnerInnen insgesamt, bei Kindern und Jugendlichen sind es 72 Prozent.

855 Betriebe beschäftigen zurzeit 11.500 Menschen.

„Wir wollen viel preisgünstigen Wohnraum schaffen und die Verdrängung der jetzigen Mieter verhindern“, sagte Scholz. Dazu komme „ein verbessertes Angebot an Freiräumen, gut ausgestattete und erreichbare Ortszentren, zeitgemäße Bildungs- und Sozialeinrichtungen sowie gute Einkaufsmöglichkeiten“. Noch in diesem Jahr sollen die Pläne in einem Bürgerdialog und auf mehreren Stadtwerkstätten debattiert werden, bereits im nächsten Jahr könne die konkrete Planung aufgenommen werden.

Gebaut werden dürfte zunächst in östlicher Erweiterung der Hafencity in Rothenburgsort und auf dem Gelände des ehemaligen Huckepack-Bahnhofs am Billebogen, wo eine „neue Speicherstadt“ für Wohnen und Gewerbe entstehen soll. 2030 etwa könnte das Projekt abgeschlossen sein, hofft Walter, da in kaum einem Quartier neue Bebauungspläne erstellt werden müssten: „Baugenehmigungen für ein Projekt reichen.“

Die Oppositionsfraktionen in der Bürgerschaft begrüßten die Pläne übereinstimmend als „Schritt in die richtige Richtung“. FDP-Fraktionschefin Katja Suding mahnte lediglich „eine ernsthafte Bürgerbeteiligung“ an, Heike Sudmann (Die Linke) „wirksamen Schutz der Mieter vor Verdrängung“ und Olaf Duge (Grüne) „mehr soziale und stadtteilkulturelle Infrastruktur“. Grundsätzliche Kritik oder Ablehnung gab es nicht.

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