Kommentar EuGH-Urteil Abschiebehaft
Es geht nicht um Strafe
Flüchtlinge, die vor der Abschiebung stehen, gehören nicht in normale Gefängnisse. Doch die Humanisierung der Abschiebehaft ist nur ein Nebenschauplatz.

Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige im rheinland-pfälzischen Ingelheim (Behördendeutsch). Bild: dpa
Das Urteil kommt nicht überraschend. Alle Bundesländer sind verpflichtet, Abschiebehäftlinge in separaten Einrichtungen und nicht in normalen Gefängnissen unterzubringen. Es genügt nicht, separate Trakte in normalen Gefängnissen einzurichten. Flüchtlingshelfer vertreten das schon lange.
Zwar haben „Abschiebeknäste“ keinen guten Ruf, sie sind aber immer noch besser als normale Haftanstalten – oder sollten es zumindest sein. Schließlich haben Abschiebehäftlinge keine Straftaten begangen. Sie haben nur kein Aufenthaltsrecht in Deutschland. Die Haft ist deshalb keine Strafe, sondern soll lediglich die Abschiebung sicherstellen.
In speziellen Einrichtungen sind daher größere Zimmer und bessere Freizeiteinrichtungen möglich. Zugang zu Telefon und Internet kann großzügig gewährt werden. Es macht auch Sinn, dass mehrere Bundesländer zusammenarbeiten, damit Betroffene auch Leute finden, die die gleiche Sprache sprechen.
Nach Möglichkeit sollte Abschiebehaft vermieden werden. Oft genügen Meldeauflagen oder die Stellung einer Kaution. Dass Betroffene vor der Abschiebung untertauchen, wird man nie völlig verhindern können. Die Abschiebehaft muss sich auf begründete Ausnahmefälle beschränken.
Und natürlich ist Abschiebehaft dann unangebracht, wenn schon die Abschiebung unvertretbar ist – etwa wenn Flüchtlinge in Länder zurückgebracht werden, in denen es kein funktionierendes Asylsystem gibt. Ein Großteil der Abschiebehaft beschäftigt sich mit Verschiebungen im Rahmen des Dublin-Systems, wonach jeder Flüchtling dort sein Asylverfahren bekommt, wo er zuerst den EU-Boden betrat. Die Reform des Dublin-Systems ist deshalb das eigentliche Problem, die Humanisierung der Abschiebehaft nur ein Nebenschauplatz.
Kommentar EuGH-Urteil Abschiebehaft
Es geht nicht um Strafe
Flüchtlinge, die vor der Abschiebung stehen, gehören nicht in normale Gefängnisse. Doch die Humanisierung der Abschiebehaft ist nur ein Nebenschauplatz.
Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige im rheinland-pfälzischen Ingelheim (Behördendeutsch). Bild: dpa
Das Urteil kommt nicht überraschend. Alle Bundesländer sind verpflichtet, Abschiebehäftlinge in separaten Einrichtungen und nicht in normalen Gefängnissen unterzubringen. Es genügt nicht, separate Trakte in normalen Gefängnissen einzurichten. Flüchtlingshelfer vertreten das schon lange.
Zwar haben „Abschiebeknäste“ keinen guten Ruf, sie sind aber immer noch besser als normale Haftanstalten – oder sollten es zumindest sein. Schließlich haben Abschiebehäftlinge keine Straftaten begangen. Sie haben nur kein Aufenthaltsrecht in Deutschland. Die Haft ist deshalb keine Strafe, sondern soll lediglich die Abschiebung sicherstellen.
In speziellen Einrichtungen sind daher größere Zimmer und bessere Freizeiteinrichtungen möglich. Zugang zu Telefon und Internet kann großzügig gewährt werden. Es macht auch Sinn, dass mehrere Bundesländer zusammenarbeiten, damit Betroffene auch Leute finden, die die gleiche Sprache sprechen.
Nach Möglichkeit sollte Abschiebehaft vermieden werden. Oft genügen Meldeauflagen oder die Stellung einer Kaution. Dass Betroffene vor der Abschiebung untertauchen, wird man nie völlig verhindern können. Die Abschiebehaft muss sich auf begründete Ausnahmefälle beschränken.
Und natürlich ist Abschiebehaft dann unangebracht, wenn schon die Abschiebung unvertretbar ist – etwa wenn Flüchtlinge in Länder zurückgebracht werden, in denen es kein funktionierendes Asylsystem gibt. Ein Großteil der Abschiebehaft beschäftigt sich mit Verschiebungen im Rahmen des Dublin-Systems, wonach jeder Flüchtling dort sein Asylverfahren bekommt, wo er zuerst den EU-Boden betrat. Die Reform des Dublin-Systems ist deshalb das eigentliche Problem, die Humanisierung der Abschiebehaft nur ein Nebenschauplatz.
Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1995 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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