Kolumne Über Ball und die Welt: Von Scheichs und Schüssen

Katar investiert in den israelischen Profifußball. Eine große Rendite können die Scheichs damit nicht erzielen. Aber das Engagement hat seine Gründe.

Fans von Ihud Bnei Sakhnin beim Spiel gegen Beitar Jerusalem Bild: dpa

Bestechung, WM, Blatter, pfui. Das dürften die Worte sein, die einem Fußballfan einfallen, wenn er das Wort Katar hört. Wer sich über den Fußball hinaus noch für etwas Rundes, sagen wir: die Welt, interessiert, dürfte noch wissen, dass das Emirat zu den Finanziers der Hamas zählt und dass man im Gazastreifen gar eine Siedlung nach einem früheren katarischen Emir, Scheich Hamad bin Chalifa al-Thani, benannt hat.

Da dürfte die neueste Investition des Emirats schon ziemlich überraschen. 4,6 Millionen Dollar geben die Scheichs in den israelischen Profifußball. Ihud Bnei Sakhnin, ein Klub, der 2004 israelischer Pokalsieger wurde, und Maccabi Ahi Nazareth FC erhalten das Geld. Beides sind arabische Klubs, die am israelischen Ligabetrieb teilnehmen. Bnei Sakhnin war in der vergangenen Saison sechster der Ligat ha’Al geworden, der höchsten Spielklasse, Nazareth spielt in der Zweiten Liga, war aber 2002/03 auch in der Ligat ha’Al. Nicht irgendwelche Klubs also.

Wenn man nur wüsste, was die Vereine symbolisieren, dann ließe sich die Politik Katars leichter verstehen. Einerseits repräsentieren sie gewachsenes Selbstbewusstsein der arabischen Bevölkerung Israels. In Nazareth spielen – wie bei den meisten israelischen Profiklubs – sowohl jüdische als auch arabische Profis miteinander.

Und in Bnei Sakhnin ist zwar derzeit kein jüdischer Profi unter Vertrag, aber einer der besten Spieler der Vereinsgeschichte, der arabische Israeli Abbas Suan, der aus Sakhnin stammt, hatte es 2004 in die israelische Nationalmannschaft geschafft. Spätestens ein wichtiges Tor in der WM-Qualifikation machte ihn zum Symbol dafür, dass eine Integration beider Bevölkerungsgruppen gelingen kann.

So etwas finanziert Katar? Ja, und auch nicht zum ersten Mal. Im Jahr 2006, also ein Jahr nachdem Bnei Sakhnin Israel im europäischen Fußball repräsentiert hatte, finanzierte der Staat mit sechs Millionen Dollar den Bau des Doha-Stadions in Sakhnin. Das war doppelt brisant, denn 2004, als Sakhnin den israelischen Pokal gewonnen hatte, war vom damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon die Zusage gekommen, mit großen Finanzspritzen die dringend erforderliche Stadionerweiterung zu unterstützen. Das israelische Geld kam nie an, heißt es zumindest in Sakhnin.

Politisches Kalkül

Genau dies könnte für die Scheichs aus Katar das rationale Kalkül gebildet haben, warum sie investiert hatten. Und vielleicht auch, warum sie ausgerechnet jetzt in Klubs investieren, die in einer Liga jenes Staates spielen, den Katar immer noch nicht anerkannt hat. Ein ökonomisches Interesse ist nämlich nicht unbedingt zu erkennen.

Der israelische Fußball verspricht keine hohe Rendite. Europäische Erfolge sind Mangelware, bei einer WM war Israel gerade einmal dabei, 1970. Und als Spielzeug, wie es Scheich Mansour Bin Zayed al-Nahyan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Manchester City macht, werden sich die Scheichs kaum israelische Klubs halten wollen, schließlich ist nicht mit ihrem weißgewandeten Auftauchen auf Tribünen in Tel Aviv oder Haifa zu rechnen, wenn die von ihnen gepäppelten Klubs kicken.

Als überzeugende Erklärung bleibt politisches Kalkül: Die katarischen Herrscher wollen die Hegemonie in dem Landstrich erobern, den sie Palästina nennen – indem sie der leidgeplagten Bevölkerung im Gazastreifen helfen und Identität via Fußball stärken. So formuliert wäre das alles ja auch ganz okay – wenn, ja, wenn das durchschaubare Ziel dieser Art von Sponsoring nicht wäre, alles gegen Israel in Anschlag zu bringen: Torschüsse, Raketenabschüsse. Hauptsache, möglichst vielen Menschen schaden.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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