Kommentar Grüne und Militäreinsatz: Verbale Entschlossenheit

Die grüne Forderung nach deutschen Truppen in Syrien ist nur ein Gedankenspiel. Weder die Konsequenzen noch das Ziel eines Einsatzes sind durchdacht.

Soldat in grün. Bild: dpa

Das sind wahrhaft historische Sätze, die die Fraktionsvorsitzende Göring-Eckardt gesprochen hat: „Im Falle eines UN-Mandats müsste Deutschland auch Bodentruppen bereitstellen.“ Mutige Worte für eine Vorsitzende der Grünen: Worte, die auch deshalb beeindrucken, weil sie die Bereitschaft zeigen, Verantwortung zu übernehmen.

Aber trotzdem haftet den Worten der grünen Spitzenpolitikerin etwas Populistisches an. Geschickt versucht sie, das Leiden der Deutschen an ihrer vermeintlich neuen Rolle mit einer Möglichkeitsform zu lindern.

Aber es bleibt eben ein Konjunktiv, der so irrational ist, dass man sich getrost solchen Gedankenspielen hingeben kann, ohne sie in der aktuellen Situation konsequent bis zum Ende durchdeklinieren zu müssen. Denn wer deutsche Bodentruppen sagt, muss auch eine bessere Ausstattung der Bundeswehr fordern, eine Erhöhung des Militäretats befürworten und zur Qualitätssicherung sogar über die Wiedereinführung der Wehrpflicht nachdenken.

Gut für Göring-Eckardt, dass sie es so weit nicht treiben muss. Denn in der aktuellen Situation ist eine gemeinsame Einigung auf Bodentruppen im UN-Sicherheitsrat so unwahrscheinlich, dass man getrost verbale Entschlossenheit demonstrieren kann. Denn solange der Ukrainekonflikt nicht gelöst ist, wird es keine gemeinsamen UN-Bodentruppen geben, trotz der gemeinsamen Interessen, die Russland, China und die USA im Kampf gegen die Terrormilizen des IS durchaus haben.

Was ist das Ziel?

Die jüngsten Kriege in Afghanistan und im Irak haben der Weltgemeinschaft gezeigt, dass man nur dann in ein Land einmarschieren sollte, wenn man ein klares Ziel definiert und eine entsprechende Exitstrategie formulieren kann. Wie nun soll die in Syrien aussehen? Dazu äußert sich Göring-Eckardt vorsichtshalber nicht. Wird der Regimewechsel angestrebt, will man mit seinen Truppen also so lange im Land bleiben, bis Assad besiegt ist? Für eine solche Mission ist ein UN-Mandat auch in ferner Zukunft so gut wie ausgeschlossen.

Wer jetzt den Einsatz von Bodentruppen fordert, ob türkische, internationale oder deutsche, muss bedenken, dass weder Syrer noch Kurden diese „Besatzertruppen“ wollen. Expertinnen warnen auch zu Recht, dass der IS das Eingreifen des Westens schon jetzt erfolgreich als Kampf gegen den Islam vermarktet.

Die Bereitschaft, zur Not auch Tabus zu brechen, mag sich gut anhören. Besonders für eine Partei, die sich befreien will vom drögen Image der Denkverbote-Partei. Aber zwei Sätze machen noch keine sinnvolle Militärstrategie. Das weiß Katrin Göring-Eckardt natürlich. Vielleicht wollte sie ja nur mal testen, wie weit auch die Grünen mittlerweile schon verinnerlicht haben, dass die neue deutsche Verantwortung sich vor allem im Militärischen auszudrücken hat.

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Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

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