Kommentar Streubomben in der Ukraine: Auf dem besten Weg in die Spaltung

Die ukrainische Führung soll Streubomben eingesetzt haben. Das wäre Wasser auf die Mühlen der Separatisten. Europa muss Klartext reden.

Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk bei einem Besuch im Osten des Landes Bild: ap

Die neue ukrainische Führung ist auf dem besten Weg, ihr ohnehin nicht gerade glänzendes Image vollends zu ruinieren. Nicht nur, dass – wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International dokumentiert hat – bei der „Antiterroroperation“ der Regierungsarmee Zivilisten Opfer extralegaler Hinrichtungen werden.

Jetzt scheint es auch noch ausreichende Beweise dafür zu geben, dass die Kiewer Truppen bei Angriffen auf die Millionenstadt Donezk mehrmals Streubomben eingesetzt haben. Und das alles trotz einer offiziell geltenden Waffenruhe, die als Makulatur bezeichnet werden muss.

Die Wirkung dieser Vorkommnisse ist verheerend – sowohl nach innen als auch nach außen. Denn einmal abgesehen davon, dass keine der beiden Seiten diesen Krieg mit militärischen Mitteln gewinnen kann: Ein derartiges Vorgehen der ukrainischen Armee dürfte vor allem die Bewohner der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk noch mehr gegen Präsident Petro Poroschenko und seine Mannschaft aufbringen.

Viele Menschen dort sind – der russischen Propaganda sei Dank – davon überzeugt, Leidtragende eines Rachefeldzuges der Regierung gegen ihre eigene Bevölkerung zu sein. Das aber heißt nichts anderes, als dass sich die Spaltung des Landes weiter vertiefen wird – was, so sie denn noch bei Verstand sind, nicht im Interesse der Machthaber sein kann.

Parlamentswahl am Sonntag

Hinzu kommt, dass der Rechtspopulist Oleg Ljaschko und seine Radikale Partei bei den Wahlen am kommenden Sonntag gute Chancen haben, als zweitstärkste Kraft ins Parlament einzuziehen. Ljaschko macht kein Hehl daraus, dass er am liebsten jedem Separatisten persönlich den Garaus machen würde.

Angesichts dieser höchst unschönen Ereignisse und Entwicklungen stellt sich die Frage, wie sich die Europäische Union positionieren sollte. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass in Brüssel totale Ratlosigkeit im Umgang mit der Ukraine herrscht, sich die Verantwortlichen jedoch – und das zu Recht – in der Pflicht gegenüber dem Land sehen.

Die Übernahme von Verantwortung darf sich aber keinesfalls in Gaskrediten, wie sie etwa von Kanzlerin Angela Merkel in Aussicht gestellten werden, oder sonstigen millionenschweren Finanzhilfen erschöpfen. Es gilt, Klartext zu reden. Alles andere wäre fatal – für die Menschen in der Ukraine, aber auch in Europa.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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