Gewalt in Jerusalem: Tote und Verletzte bei Autoanschlag

Ein Palästinenser fährt in Jerusalem in eine Gruppe: ein Toter und 13 Verletzte. Der Fahrer wird erschossen. Auch am Tempelberg kommt zu schweren Zusammenstößen.

Das Tatfahrzeug des Autoanschlags in Jerusalem. Bild: reuters

JERUSALEM afp/dpa | Bei einer Attacke auf Fußgänger mit einem Auto sind am Mittwoch in Ost-Jerusalem ein Mensch getötet und dreizehn weitere verletzt worden, zwei von ihnen schwer. Der palästinensische Fahrer des Wagens sei von Sicherheitskräften erschossen worden, teilte die Polizei mit. Ein zunächst schwerverletzter Mann starb kurz darauf im Hadassa-Krankenhaus, teilte die Klinik mit. Unter den Verletzten waren auch drei Grenzpolizisten.

Der Angriff ereignete sich nördlich der Innenstadt unweit der Stelle, an der vor knapp zwei Wochen ein ähnliches Attentat verübt wurde. Die Zeitung Haaretz zitierte den Leiter der Rettungskräfte, demzufolge der Autofahrer zwei verschiedene Gruppen von Passanten attackiert haben soll.

Ein Kleinbus sei zunächst „in eine Menschengruppe an einer Bushaltestelle gefahren“, sagte Polizeisprecherin Luba Samri. Danach fuhr der Fahrer ein kurzes Stück weiter, stieg an einer Straßenbahnhaltestelle aus „und hieb mit einer Eisenstange auf die Umstehenden ein“, so die Sprecherin.

Er wurde von Beamten der Grenzpolizei erschossen, die neuerdings an der Bahnlinie stationiert sind, die entlang der alten Grenze zwischen West- und Ost-Jerusalem verläuft. Der Täter sei ein palästinensischen Bewohner des Ost-Jerusalemer Flüchtlingslagers Schuafat, sagte Samri. Aus palästinensischen Quellen hieß es, es handele sich um Ibrahim Akkari, der vermutlich mit der radikalislamischen Hamas verbunden sei.

Vor knapp zwei Wochen war an einer benachbarten Straßenbahnhaltestelle ein Palästinenser aus Ost-Jerusalem mit seinem Auto in eine Fußgängergruppe gefahren. Ein dreimonatiges Mädchen im Kinderwagen und eine Passantin aus Ecuador wurden getötet. Ein Polizist erschoss den Attentäter auf der Flucht.

Rechtsradikale jüdische Splittergruppen

Auf dem Jerusalemer Tempelberg ist es am Mittwoch erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen israelischer Polizei und Palästinensern gekommen. Anlass war der demonstrative Besuch rechtsradikaler jüdischer Splittergruppen auf dem den Muslimen heiligen Felsplateau. Polizisten drangen laut Polizei dabei in die Al-Aksa-Moschee vor. Die Unruhen weiteten sich im Laufe des Vormittags auf Teile der umliegenden Altstadt aus, wie Korrespondenten berichteten.

Eine Woche nach einem versuchten Mordanschlag auf einen ihrer Anführer hatte die aus israelischen Ultranationalisten und religiösen Eiferern gebildete Tempelbergbewegung zu einer gemeinsamen Begehung des Tempelbergs aufgerufen. Palästinensische Jugendliche, die die Nacht in der Al-Aksa-Moschee auf dem Gelände verbracht hatten, versuchten, den Zutritt zu verhindern. Als das Marokkanertor, der einzige Besucherzugang für Nichtmuslime geöffnet wurde, „bewarfen dutzende Vermummte die Sicherheitskräfte mit Steinen und Knallkörpern. Diese drängten die Demonstranten zurück in die Moschee“, berichtete Polizeisprecherin Samri.

Danach seien Polizisten „einige Meter“ in die Moschee eingedrungen, um die blockierten Portale zu lösen und zu schließen. Ein kurzzeitiges Vordringen der Ordnungshüter in die Moschee komme sehr selten vor, sei aber nicht das erste Mal passiert, versicherte Samri. Das nahe der Moschee in der Südwestecke des Plateaus gelegene Besuchertor wurde anschließend geöffnet. Etwa dreihundert nichtmuslimische Besucher seien daraufhin auf den Berg gelassen worden. Darunter waren mehrere Dutzend rechtsgerichtete Aktivisten, die gegen das Attentat auf ihren Sprecher Jehuda Glick am vergangenen Mittwoch protestieren wollten.

Blendgranaten und Tränengas

Auch in der Jerusalemer Altstadt kam es zu Ausschreitungen, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Die Polizei setzte Blendgranaten und Tränengas ein. Am Löwentor, einem der acht Zugänge zur Altstadt, gingen die Einsatzkräfte gegen eine Menschenansammlung vor, in der nach Beobachtung von AFP-Reportern auch zahlreiche ältere Frauen und Schulkinder waren.

Das Plateau mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte des Islams nach Mekka und Medina. Die Muslime nennen es „Das edle Heiligtum“. Das Judentum verehrt es als Tempelberg und seinen wichtigsten heiligen Ort. Die Klagemauer, ein unter König Herodes (um 73 bis vier v. Chr.) errichteter hoher Stützwall an der Westseite, dient gläubigen Juden heute als zentrale Gebetsstätte, denn sie und andere nicht muslimische Besucher dürfen den Tempelberg zwar betreten, aber dort nicht beten.

Seit Wochen kommt es dort und in der umliegenden Altstadt immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Vergangenen Donnerstag war das Gelände erstmals seit vielen Jahren komplett abgeriegelt worden, nachdem Glick angeschossen und der mutmaßliche palästinensische Schütze wenige Stunden darauf bei einem Festnahmeversuch von der Polizei getötet worden war. Die Unruhen nähren Befürchtungen, es könne zu einer neuen Intifada kommen.

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