Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Besserverdienendengewerkschaft im Arbeitskampf, ein Luxemburg für Doofe und ein schimpfender Biermann im Bundestag.

Idyllisch: Luxemburg. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht an der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Putinversteher.

Und was wird besser in dieser?

Gorbiversteher.

Alle waren genervt vom GDL-Streik. Eine historische Chance für die Deutsche Bahn, endlich ihr Image zu verbessern?

Dem DGB ist zur Umbenennung in Tampax zu raten („Tampax – Tage spürt man nicht“). Die Polemik gegen Streiks ist so alt wie sie und älter als das Streikrecht, nach dem die ganze Sause prima legal ist. Nach Eingriffen in der Kohl-Blüm-Ära sind wir überquellender Mülltonnen und stehender Busse entwöhnt. So gesehen ist die Besserverdienendengewerkschaft GDL ein Designerprodukt für Zeiten, in denen der Arbeiter nichts mehr gilt. Die Bahn gehört dem Staat, der neuerdings schon Mindestlöhne bastelt, weil die Tarifpartner keine Verteilungsgerechtigkeit mehr hinbekommen. Also – dieser Arbeitskampf ist eine Chance.

Luxemburg hat Hunderten europäischen Unternehmen zu günstigen Steuersätzen verholfen – in einer Zeit, als Jean-Claude Junker das Sagen hatte. Ein schlechter Start für den neuen Kommissions-Chef?

Wäre interessant zu wissen, ob in Luxemburg überhaupt jemand so deppert ist, den nominellen Steuersatz von 30 Prozent zu zahlen. Schön, dass die Sache – offenbar durchgestochen von jemand bei PriceWaterhouseCoopers – aufgeflogen ist: Die anderen Leichtsteuerländer haben nichts falsch gemacht, Irland war einfach „Luxemburg für Doofe“. Logisch an der Fokussierung auf den Kommissionspräsidenten scheint: Man kann das Problem nur europäisch lösen. Nicht er, aber es.

Wolf Biermann soll im Bundestag aufspielen, beschimpft aber lieber die Linkspartei. Hätte er doch lieber nur gesungen?

„Du lass dich nicht verbittern, das mach ich lieber selbst“, sang der elende Rest des demokratischen Sozialisten Biermann, der sich da hinter seinem Bardenbart versammelte. Ein Wort zu Krug, Hagen, Thalbach und vielen Ungenannten, die solidarisch mit ihm waren und dafür viel riskierten, hätte nicht gestört.

Präsident Lammert ermahnte Biermann, ausschließlich zu singen, worauf der fröhlich und ungestört weiterschimpfte; die Linke zeigte eine schöne Choreo zwischen Buße und Muße. Biermann sei’s erlittenem Unrechts wegen vergönnt, hier eine Sternstunde der Eigenbürzelverehrung zu zelebrieren. In der Sache bleibt erkennbar, dass wir mit einem Schrammelgauck auch nicht besser dran wären.

Die Demokraten gehen bei den Midterm-Elections unter, Obama ist die letzten zwei Jahre seiner Amtszeit eine lahme Ente. Letzte Hoffnung Hillary?

Obamas Strategie, bei der Atomabrüstung des Iran, bei der Eindämmung der syrischen Katastrophe und im Ukrainekonflikt jeweils Russland an den Tisch zu holen: abgewählt. Was soll Hillary Clinton oder irgendein Demokrat in zwei Jahren anrichten, wenn ab jetzt Tea Party und Republikaner nach Hirneslust eskalieren können?

Beim Messaging-Dienst WhatsApp sieht man ab jetzt auch, ob eine versendete Nachricht gelesen wurde. Auch eine Idee für Ihre Kolumne?

Kollegen, die bei Spiegel Online kolumnieren, erzählten von ihren Verweildauern, Abrufzahlen, von klickstarken Themen und einer Themenauswahl nach Abrufchance. Das erklärt manches, auch den bastardgroove, zu dem das verführen kann. Und führt letztlich zu Ihrer nahtlos anschließenden folgenden Frage:

Wolfgang Schäuble fragte auf dem Spiegel-Online-Geburtstag: „Brauchen wir den Zustand permanenter Aufgeregtheit?“ Wir geben die Frage weiter.

Klar! Große Skandale versteckt man am besten hinter kleinen. Die Glaubwürdigkeit der Medien raucht ab mit den Themen, über die sie berichten. Inzwischen reicht es zu schreiben, was „die Mainstreammedien unterschlagen“, und schon bekommt man Applaus für Erkenntnisse à la „Die Erde ist eine Scheibe“. Nein, sie hat nur eine.

Das Lamento über falsche Ukraine-Berichterstattung lässt den Kater nach der Wulff-Jagd als Übung erscheinen. Was derzeit an klassischem Journalismus unfinanzierbar wird, wächst nicht in gleichem Umfang im Netz nach. Zeit für Modelle wie die taz oder – schlechte Zeit, die Öffentlich-Rechtlichen abzuschaffen.

Wo waren Sie eigentlich, als die Mauer fiel?

Dortmund, Vinckestraße. Vorm Fernseher. Sonst lief da immer MTV und Viva, und die WG fand dieses ausgebrochene Hasselhoff-Video eher etwas geschmacklos.

Und was machen die Borussen?

Da der Vorjahressieger der Champions League automatisch qualifiziert ist, könnte der BVB auch aus der Zweiten Liga international spielen.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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