Kolumne Press-Schlag: DFB-Elf sucht goldenen Zyklus

Wann beginnt sie denn nun endlich, die deutsche Epoche? Einige Überlegungen vor dem Duell mit dem alten Fußball-Hegemon Spanien.

Während manche sich selbst noch beklatschen, droht schon die nächste Klatsche gegen Spanien. Bild: ap

Ein paar Monate sind eine lange Zeit im Fußball, man sieht das an der deutschen Nationalmannschaft. Nach dem WM-Titel von Rio de Janeiro prophezeite Bundestrainer Joachim Löw „noch mal einen Schub“, derweil das kaiserliche Orakel Franz Beckenbauer zwar diesmal keine „auf Jahre hinaus unschlagbare“ (© 1990), aber doch eine „verdammt schwer zu schlagende“ Mannschaft in Aussicht stellte plus „eine deutsche Ära im Weltfußball, so wie es vorher eine spanische gab“.

Nun treffen am Dienstag (20.45 Uhr/ARD) also das alte und das vermeintlich neue Fußball-Imperium aufeinander. Fast hätte man es übersehen. Nicht nur, weil der Kick in der Provinz in Vigo aufgeführt wird, sondern auch wegen verletzungsbedingter und nicht ganz so verletzungsbedingter Absagen auf beiden Seiten. Vor allem will diese verdammte deutsche Ära partout nicht beginnen. Rücktritte, wacklige Ergebnisse, Unsicherheiten – die DFB-Elf ist zurück auf Projektstatus und die Welt hat sich längst wieder anderen Idolen zugewandt.

Das Date in Vigo ist also vielleicht ein ganz guter Anlass, um sich das beim Gegner noch mal genau anzuschauen: Wie geht das eigentlich mit der Ära? Wahrscheinlich ist es schon mal kein gutes Zeichen, wenn der Kapitän im relativ jungen Alter von 30 Jahren seinen Hut nimmt. Auch das ewige Genörgel aus der Liga über jeden Länderspieltermin erleichtert nicht gerade die Eroberung des Universums.

Bei Spanien gab es im goldenen Zyklus zwischen 2008 und 2012 keinen einzigen Rücktritt, jedenfalls keinen freiwilligen. Es gab nicht mal Spieler, die Freundschaftsspiele schwänzten. Insbesondere in der Anfangszeit gab es auch kaum Niederlagen. Jedes Mal, wenn die „selección“ auflief, wurde auch „selección“ geliefert: Fußball mit Kunstanspruch.

Haltung verzweifelt gesucht

Bedeutete der Weltmeistertitel für die Generation Lahm die Krönung nach vielen vergeblichen Anläufen, wuchs Spanien mit dem ersten EM-Sieg 2008 erst in seine Blüte hinein. Und dann war da natürlich noch das Sendungsbewusstsein dieser Elf, ihre unverwechselbare Spielweise, die nicht nur, aber auch Deutschland so wesentlich prägte – vom spanischen Badenser Joachim Löw bis zum bayerischen Katalanen Pep Guardiola.

Im August 2000 gewann Rudi Völler bei seinem Einstand in Hannover mit 4:1. Seitdem konnte die DFB-Elf nicht mehr gegen Spanien gewinnen. Die letzten Niederlagen: EM-Finale 2008 (0:1) und WM-Halbfinale 2010 (0:1). Der letzte Erfolg in Spanien liegt 32 Jahre zurück (2:1 bei der WM 1982). Die Gesamtbilanz der DFB-Auswahl ist mit acht Siegen, sechs Unentschieden und sieben Niederlagen knapp positiv.

Ob man es Tiki-Taka nennt oder auch nicht: Wenige Teams in der Geschichte des Spiels können für sich reklamieren, den Fußball so fundamental verändert zu haben.

Der Vergleich zum epochalen Spanien war insofern von vornherein vermessen. Die deutsche WM-Elf 2014 war eine höchst ansehnliche, technisch exzellente und taktisch variable Mannschaft, die traditionelle Stärken mit neuen Einflüssen verband und bei der endlich mal alles zusammenpasste. Ihre vielen hervorragenden Spieler werden international begehrt, siehe Toni Kroos und seinen brillanten Einstand bei Real Madrid.

Um aber eine Ära zu begründen, braucht es Haltung. Eine Idee von sich selbst, die man auch im grauen November sieht.

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