Spanien nach Ministerin-Rücktritt: Durch und durch korrupt

Wegen zwielichtiger Geschäfte ist Spaniens Regierung angezählt. Auch die Opposition kämpft mit Skandalen. Die Protestbewegung „Podemos“ profitiert.

Selbst unter Schwarzgeld-Verdacht: Premierminister Rajoy. Bild: dpa

Da stellt sich mit Mariano Rajoy der Ministerpräsident vor das spanische Parlament und wirbt für politische Erneuerung und den Kampf gegen die Korruption. Und das ausgerechnet an dem Tag, nachdem seine Gesundheitsministerin wegen großzügiger Geschenke abtreten musste. Dabei handelt es sich nur um den letzten Skandal in einer langen Reihe. Rajoy steht einer Partei vor, die durch und durch korrupt ist.

Ein Netzwerk namens „Gürtel“ hat sich dank Lokal- und Regionalpolitikern in Rajoys Volkspartei (PP) jahrelang bereichert. Es flossen auch Schwarzgelder an die Partei. Rajoy wird nicht zuletzt selbst verdächtigt, zusätzlich zu seinem Gehalt als Parteichef Schwarzgeld in Umschlägen erhalten zu haben. Gegen die letzten drei PP-Kassenwarte wird ermittelt, einer davon sitzt in U-Haft.

So eine zwielichtige und angezählte Regierung ist ein gefundenes Fressen für die Opposition, sollte man meinen. Weit gefehlt. Denn auch die Sozialisten, die Vereinigte Linke und selbst die Gewerkschaften haben mit Skandalen zu kämpfen. Das gesamte spanische politische Spektrum, scheint es, sitzt im Glashaus.

Rajoys Versicherung, es handle sich um Einzelfälle und nicht um eine flächendeckende Epidemie, ist leider falsch. Die Bevölkerung weiß das. Die beiden großen Parteien verlieren Monat für Monat an Zuspruch. Die neue Protestbewegung „Podemos“ liegt bei manchen Meinungsforschungsinstituten bereits an erster Stelle, obwohl sie erst noch im Begriff ist, sich als Partei zu organisieren. „Vaterlandsretter mit dem Besen“ nennt sie Rajoy versucht abschätzig. Tatsächlich hat er Angst und steht damit nicht allein. Denn mit jedem neuen Skandal wird ein Wahlsieg von Podemos im kommenden Jahr – und damit ein tiefer Wandel in Spaniens Politik – immer wahrscheinlicher.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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