Deutschpflicht-Forderung der CSU: Lieber doch nicht ganz so

Für ihre Forderung hat die CSU Spott und Unverständnis geerntet – selbst aus den eigenen Reihen. Nun soll das umstrittene Leitpapier umformuliert werden.

Nach dem Shitstorm: CSU-Vize Gauweiler kündigt Änderungen an. Bild: dpa

BERLIN taz | Die CSU stampft ihre umstrittene Forderung ein. In ihrem Leitantrag für den am Freitag beginnenden CSU-Parteitag heißt es nun: „Wer dauerhaft hier leben will, soll motiviert werden, im täglichen Leben deutsch zu sprechen.“

Ursprünglich lautete die betreffende Passage, Zuwanderer sollten „dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen“. Diese Forderung war am Freitag publik geworden und hatte prompt für scharfe Kritik in der Politik und viel Spott im Internet gesorgt – Experten hielten die abstruse Idee auch schlicht für verfassungswidrig.

Nachdem sich auch prominente interne Kritiker wie Peter Gauweiler zu Wort gemeldet hatten, machte die CSU am Montag einen Rückzieher. „Ich kannte den Entwurf nicht und war von der konkreten Formulierung selbst überrascht“, erklärte Stephan Mayer, der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, der taz. „Diese Formulierung war missverständlich und unglücklich, sie wird jetzt geändert. Das war ein Fehler, das muss man offen einräumen.“

Mit der Formulierung, die von der CSU-Landesspitze in Bayern stammt, geht Mayer hart ins Gericht: „Eine Partei wie die unsere, die sich ins Stammbuch geschrieben hat, dass sie freiheitlich gesonnen ist und die Familien stärken will, tut gut daran, die Leute nicht zu bevormunden, welche Sprache sie zu Hause sprechen. Es geht uns darum, Einwanderer zu motivieren, neben der Muttersprache Deutsch zu lernen und zu sprechen – nicht, sie zu gängeln“, sagte Mayer der taz.

Minderheitenvertreter reagierten irritiert

„Der Anreiz, Deutsch zu lernen, muss durch entsprechende Angebote stimuliert werden“, fordert Mayer. Was Deutschkurse für Asylbewerber betrifft, zähle Bayern zu den fortschrittlichsten Bundesländern. „Umso bedauerlicher, dass die Debatte jetzt diese Schlagseite bekommen hat. Es wäre falsch, daraus zu schließen, die CSU wolle sich auf Kosten von Zuwanderern profilieren.“

Der Vorstoß der CSU richtete sich zwar gezielt gegen Einwanderer und deren Kinder. Besonders irritiert reagierten aber auch die Vertreter deutscher Minderheiten, deren Sprachen in Deutschland durch landesrechtliche Vorschriften geschützt werden, auf den Vorstoß der CSU. „Diese Forderung wirkt befremdlich und unbedacht“, sagte Dawid Statnik, Vorsitzender des sorbischen Dachverbands Domowina, der taz.

Er vertritt die deutschen Sorben, deren Sprache in den Landesverfassungen von Brandenburg und Sachsen ausdrücklich geschützt wird. „Sicherlich ist es richtig, dass es den Migranten ermöglicht werden muss, die jeweilige Landessprache zu erlernen, da sie so befähigt werden, selbstständig zu handeln. Jedoch sollte dies nicht in Geboten überspitzt werden, die ihrerseits die Grundrechte (Artikel 2 und 3) aushöhlen.“ In Sachsen waren sorbische Jugendliche in den vergangenen Wochen von Rechtsradikalen attackiert worden, weil sie sorbisch sprachen.

Auch Schleswig-Holsteins Kulturministerin Anke Spoorendonk vom südschleswigschen Wählerverband SSW, der die dänische Minderheit vertritt, hatte die CSU-Forderung scharf kritisiert. „Der Gedanke, dass Zuwanderer erst integriert sind, wenn sie ihre Sprache vergessen haben und am Abendbrottisch nur deutsch reden, deutsche Wurst essen und Helene Fischer hören, ist absurd und weltfremd“, meinte Spoorendonk.

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