Neue Studie zu Schlafwagen-Mobiliät: Nachts in die Ferien

Die Bahn sieht Schlafwagen trotz Defizit noch als Teil ihres Mobilitätsversprechens. Zum Fahrplanwechsel im Dezember werden aber einige Verbindungen eingestellt

Schlafen und fahren – das geht im Nachtzug. Bild: imago/Jahnk

BERLIN taz | „Wir kämpfen für die Nachtzüge“, erklärte Matthias Gastel, der bahnpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, diese Woche bei einem Fachgespräch seiner Fraktion. Er forderte auch mehr Engagement der Bundesregierung.

„Die Politik muss sich bei der Bahn zwar nicht in jedes Detail einmischen, hier steht aber ein ganzes Marktsegement auf dem Spiel“. Gastel beruft sich auf das Grundgesetz. Danach müsse der Bund gewährleisten, dass bei den Angeboten seiner Eisenbahnen das Allgemeinwohl beachtet wird (Artikel 87e).

Derzeit sind die Nachtzüge in der Krise. Im Jahr 2013 machte die Nachtzugsparte 20 Millionen Euro Verlust. Das sind etwa 15 Prozent des Umsatzes. Tendenz steigend. Inzwischen kam als neuer Konkurrent neben dem Flugzeug noch der Nachtbus hinzu. Die Marktsituation wird dadurch nicht einfacher.

Die Grünen gaben daher eine Studie zur Zukunft des Nachtzugverkehrs in Auftrag, die jetzt vorgestellt wurde. "Der Bedarf ist da", ermittelte die Dresdener Consultingfirma Probst und Consorten, insbesondere bei Städtetouristen ("morgens ankommen, den ganzen Tag nutzen, abends weiter- oder zurückfahren") und ebenso bei Geschäftsreisenden ("abends noch Termine wahrnehmen, Hotel einsparen, am nächsten Morgen ausgeschlafen eintreffen"). Auch für den Transport von Fahrrädern und großem Gepäck sei der Nachtzug besonders geeignet.

Hälfte der Nachtzugfahrer unter 40 Jahre

Eine Umfrage der Bahn ergab, dass heute rund 80 Prozent der Nachtreisenden in den Urlaub oder in die Freizeit fahren, nur rund zwanzig Prozent sind Geschäftsreisende - früher waren es deutlich mehr. Das Publikum der Nachtzüge ist derzeit auch eher jünger, die Hälfte ist unter 40 Jahre alt.

Trotz des Defizits bekennt sich die Bahn noch zu den Nachtzügen. "Sie sind Teil unseres Mobilitätsversprechens", sagte Hannah Page, Leiterin der Angebotskommunikation bei DB Fernverkehr. Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember wurden allerdings die größten Verlustbringer eingestellt: die Verbindungen nach Kopenhagen (minus 3 Millionen pro Jahr) und Paris (minus 6 Millionen pro Jahr). Die Züge nach Paris waren zwar gut ausgelastet, konnten aber die hohen französischen Streckengebühren nicht erwirtschaften. Von ursprünglich 17 Nachtzuglinien betreibt die Deutsche Bahn jetzt nur noch elf. Dabei soll es nun aber erst einmal bleiben.

Ziel ist schwarze Null

Nächstes Ziel der Bahn: „Wir wollen zeigen, dass man mit dem vorhandenen Wagenpark auf dem bestehenden Netz eine schwarze Null schreiben kann“, so Hannah Page. Wenn das gelingt, werde die Bahn ein langfristiges Konzept für die Nachtzüge entwickeln. Das heißt aber: Vorerst wird es keine Investitionen in neues Wagenmaterial und keine Experimente mit neuen Linien geben.

Stattdessen sollen die Nachtzüge besser mit dem normalen Fernverkehr verzahnt werden, so die Pläne der Bahn. Die Nachtzüge sollen also öfter um gewöhnliche Sitzwagen ergänzt werden, oder umgekehrt. In die Gewinnzone fährt ein Nachtzug, wenn er mehr als 200 bis 250 Passagiere transportiert, hat die Bahn berechnet.

Nostalgische Touristen

Die Studie von Probst und Consorten hält vor allem eine deutliche Senkung der Trassenpreise für erforderlich, die die DB Netz AG bahnintern von der DB Fernverkehr AG für die Nachtzüge verlangt. Die Chancen hierfür stehen gut. Bis 2017 muss die Netz AG aufgrund von EU-Vorgaben ein neues Trassenpreis-System entwickeln. Dabei sollen die Nachtzüge besser gestellt werden, weil hier schwieriger Geld zu verdienen ist.

Neue Einnahmequellen sieht Berater Gerd Probst vor allem bei Einzelkabinen. Hier sei das Angebot oft zu knapp, und es könnte um eine Deluxe-Variante ergänzt werden. Denn für echten Luxus seien Touristen auch zahlungsbereit. Probst: „Für Amerikaner auf Honeymoonreise ist die Fahrt im Nachtzug unheimlich romantisch.“

Die billigen Nachtzug-Angebote im Liegewagen und Ruhesessel sollen dabei aber nicht vernachlässigt werden, weil hier die größte Nachfrage besteht. „Nachtzüge sind keine Nostalgie“, fasste Probst zusammen, „da kann man was Tolles draus machen.“

Am 14. Januar wird der Verkehrsausschuss des Bundestags über die Nachtzugstrategie der Bahn beraten.

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