Wirbel um Behindertenbeauftragten: Sexbekenntnisse überfordern CDU

Der Behindertenbeauftragte der Stadt Koblenz spricht über seine Sexualität. Die CDU ist pikiert und fordert ihn auf, nicht mehr zu kandidieren.

Hort des Ärgers: die Rheinstadt Koblenz. Bild: imago/Westend61

BERLIN taz | Seit fünf Jahren ist Christian Bayerlein Behindertenbeauftragter der Stadt Koblenz. Nun will unter anderem die CDU eine Wiederwahl des 39-Jährigen verhindern. Weil er als Behinderter zu offen mit seiner Sexualität umgeht, vermutet Bayerlein.

Der seit seiner Geburt durch eine schwere Muskelerkrankung behinderte Bayerlein hatte in der Vergangenheit nicht nur zu barrierefreien Gebäuden, inklusiven Schulen oder Webseiten etwas zu sagen. Vor zwei Monaten, am 18. Oktober, veröffentlichte die taz ein Interview, in dem Bayerlein auch offen über seine Sexualität spricht: über Polyamorie, Erfahrungen mit BDSM (S/M-Praktiken) und Sexualbegleitung, über Behinderung als Fetisch.

In einem privaten Blog und in sozialen Netzwerken schreibt er außerdem regelmäßig über selbstbestimmte Sexualität von Menschen mit Behinderung.

Vor allem der Koblenzer CDU geht das zu weit. Die für Ende 2014 geplante Wiederwahl Bayerleins als ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter der Stadt ließen die Christdemokraten kurzerhand von der Tagesordnung nehmen und meldeten „Redebedarf“ an. Es könne ja jeder privat machen, was er wolle, heißt es dazu aus der Koblenzer CDU. Aber wenn Sex mit Behinderten öffentlich als Lustgewinn und Fetisch für Nichtbehinderte dargestellt werde, so wie es Bayerlein immer wieder in sozialen Netzwerken getan habe, sei eine Grenze überschritten.

Keine offiziellen Bekundungen

Deshalb habe eine Wiederwahl Bayerleins, bisher einziger Bewerber, keine Chance mehr auf Mehrheit. Ihm solle daher nahegelegt werden, sich nicht wieder als Kandidat aufzustellen. „Offiziell hat noch keiner mit mir geredet“, sagt Christian Bayerlein, der hauptberuflich als Diplominformatiker im Bundesarchiv arbeitet.

Offiziell äußern sich auch weder der Sprecher der Stadt noch die CDU zur verhinderten Wiederwahl und verweisen auf die Nichtöffentlichkeit der Stadtratssitzungen. So bleibt unklar, welche Fraktionen außer der CDU Bedenken gegen eine Wiederwahl Bayerleins haben. „Fakt ist, dass nicht die CDU allein entscheidet“, sagte Andreas Biebricher, Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Koblenz, der taz. 21 Stimmen habe die CDU im Stadtrat, für eine Mehrheit brauche es 29.

Nun sollen die Behindertenverbände, die 2009 Bayerlein als Kandidaten vorgeschlagen hatten und eigentlich auch die Wiederwahl befürworteten, neue Vorschläge einbringen. „Die guten Leute sind natürlich auf meiner Seite und stehen deshalb nicht zur Wahl zur Verfügung“, sagt dazu Christian Bayerlein. Die Behindertenverbände selbst müssten sich nun positionieren.

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