Neue Nachwuchsgruppe bei den Grünen: „Wir wollen offen für alle sein“

Sie fühlen sich in der Grünen Jugend nicht vertreten und können sich Bündnisse mit der CDU vorstellen: Junge Grüne haben eine neue Nachwuchsplattform gegründet.

„Inhaltlich wenig neues“: Protest der Grünen Jugend beim Bundesparteitag. Bild: dpa

taz: Herr Schellhas, Sie haben gerade die Online-Plattform „GRÜN.der*innen“ gestartet – für junge „progressive“ Grüne, die sich in der Partei bisher nicht aufgehoben fühlen. Was läuft so falsch bei der Grünen Jugend, dass es Ihre Konkurrenz braucht?

Lars Schellhas: Wir sehen uns nicht als Abspaltung und auch nicht als Konkurrenz. Viele junge Leute finden sich einfach in den bisherigen Strukturen bei den Grünen nicht ganz wieder. Ich bin selbst auch in der Grünen Jugend aktiv, aber in vier Jahren Parteiarbeit habe ich gemerkt: Viele vermissen eine Plattform, auf der sie sich auch unabhängig von der Mainstream-Meinung der Grünen Jugend einbringen und zusammentun können.

Die Mainstream-Meinung der Grünen Jugend – was soll denn das sein?

Bei der Grünen Jugend gibt es Themen wie etwa das Wahlalter ab null Jahren – die gelten quasi als gesetzt, obwohl viele das gar nicht unbedingt sinnvoll finden. Ich kenne eine Menge Leute, die sich bei der Grünen Jugend mit ihrer Meinung nicht ernst genommen fühlen, egal ob sie jetzt links oder realpolitisch ist.

Aber das Ja der Grünen Jugend zu Bodentruppen im Nordirak war doch ein Beweis, dass dort auch überraschende Positionen mehrheitsfähig sind...

Das stimmt. Aber meist ist es schwierig, abweichende Meinungen zu vertreten, vor allem bei Themen, die nicht alle von uns gleichermaßen treffen wie der Schrecken des IS.

Gilt man dann gleich als Spießer?

Nein, aber viele Ideen werden oft nicht für voll genommen. Wer eine andere Meinung vertritt, wird schnell als „Troll“ abgetan. Wir wollen, dass man jede Meinung ernst nimmt und sich mehr um den Konsens bemüht.

Der 19-Jährige studiert Maschinenbau in Aachen. 2013 kandidierte der Grüne erfolglos für den Bundestag. Vergangene Woche startete er mit einem Parteifreund die Online-Plattform GRÜN.der*innen.

Finden Sie die Grüne Jugend generell zu links?

Nein, das sieht vielleicht so aus – aber wir wollen nicht die Realo-Jugend sein. Es gibt sicher viele bei uns, die sich dieser Parteiströmung zuordnen. Grundsätzlich sind wir aber offen für alle. Bei der Grünen Jugend passiert mir inhaltlich ganz einfach zu wenig Neues.

Aber wofür steht Ihre neue Plattform inhaltlich?

Da wir kein Realo-Verband sind, sondern offen für alle, die wir ansprechen, kann ich das noch nicht genau sagen. Bei uns engagieren sich Leute aus ganz unterschiedlichen Gründen. Das sind auch junge Grüne, die vor Ort auf kommunaler Ebene in schwarz-grünen Bündnissen ganz viel bewegen – und von der Grünen Jugend auf Bundes- oder Landesebene wenig Unterstützung erhalten. Wir sind dafür, Koalitionen nach ihrem Nutzen und ihren Möglichkeiten anstatt nach ihrer Farbe zu beurteilen.

Wie viele Mitglieder hat Ihr Verband?

Wir sind kein offizielles Parteiorgan, deshalb gibt es bei uns keine festen Strukturen. Im Orga-Team sind wir jetzt vier Leute und die Zahl der Unterstützer wächst seit unserem Startschuss vor drei Tagen relativ schnell: etwa 80 haben unsere Mailing-Liste abonniert, mehr als 200 //www.facebook.com/pages/GR%C3%9CNder_innen/1426981530877042:unsere Facebook-Seite geliked.

Hat Ihnen schon jemand aus der Parteiführung gratuliert – oder sich beschwert?

Nein, wir haben noch nichts gehört – weder vom Parteivorstand noch von der Grünen Jugend. Es gibt wohl einfach noch keine offizielle Position zu uns.

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