Flagge gezeigt für Flüchtlinge: „Rassisten sind Arschlöcher“

Bis zu 5.000 Menschen demonstrieren mit Klobürsten und Transparenten gegen die Pegida-Bewegung und die „Idiotisierung des Abendlandes“.

Peinlich berührt: Demonstranten in Hamburg zeigten, was sie von der Geisteshaltung der Pegida-Anhänger halten Bild: dpa

HAMBURG taz | Immer wieder brandete auf dem Bahnhofsparkplatz spontaner Applaus auf. Eine junge Frau schlug die Stiele zweier Klobürsten gegeneinander, andere hielten Schilder mit der Aufschrift „Euer Hass ist uns peinlich“ oder „Hirn einschalten und mit Herz verbinden“ in die Höhe.

Der Platz auf der Nordseite des Bahnhofs war Montagabend voller Menschen, die gegen die rassistischen Aufmärsche der Pegida-Bewegung protestierten – obwohl die in Hamburg bisher noch keine Demo angemeldet haben. Die Gegendemonstranten nennen sich Tegida – „Tolerante Europäer gegen die Idiotisierung des Abendlandes“.

Die Polizei sperrte teilweise den Glockengießerwall, um Platz zu schaffen. 4.000 Demonstranten zählte der Einsatzleiter, 5.000 zählten die Organisatoren – nach nur zwei Tagen Mobilisierung bei Facebook, wie sie betonen. „Trotzdem ist es ein wenig enttäuschend, dass Hamburg hinter anderen Städten hinterherhinkt“, sagte die Demonstrantin Christiane. In Berlin demonstrierten zur gleichen Zeit 6.000, in Stuttgart 8.000 und in Münster 10.000 Menschen gegen Rassismus.

Zu wenig Vertreter ihrer eigenen Generation gingen gegen Pegida auf die Straße, sagte die 58-Jährige. „Die Rassisten werden nicht als Bedrohung wahrgenommen“, vermutet sie – trotz der tödlichen Gewalt gegen Flüchtlinge in den 90er-Jahren. Die Erinnerung an die Brandanschläge motivierte Horst Schneider dazu, die Demo anzumelden. „So etwas will ich nie wieder erleben“, sagte er. „Wir wollen hier zu Tausenden ein Zeichen setzen.“

Hinter den "Toleranten Europäern gegen die Idiotisierung des Abendlandes" steckt ein Bündnis von Parteien und Initiativen.

Hauptorganisator ist Horst Schneider von der Altonaer Linksfraktion. Er übernahm privat die Planung, nachdem sich Tausende Menschen auf Facebook angemeldet hatten und der Aufwand für den Ideengeber zu groß wurde.

Schneider mobilisierte Mitglieder der Grünen, der Linken, der Piraten, der SPD und der FDP, aber auch der türkischen Gemeinde, der Flüchtlingshilfe Harvestehude und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Eine weitere Montags-Demo in Hamburg ist bisher nicht geplant.

Auch die Pegida-Bewegung hat laut Hamburger Polizei noch keine Demonstration angemeldet.

Vor dem Bahnhof standen ältere Frauen mit Kopftüchern neben FC St. Pauli Fans und Antifas. Auch Anhänger von FDP, SPD, Grünen, Piraten und Linken schwenkten ihre Fahnen. Eine Parteiveranstaltung sollte der Protest aber nicht sein. Deshalb ging ein großes Murren durch die Reihen, als sich eine Rednerin als Mitglied der Linken vorstellte.

„Ein kleiner Fauxpas“, sagte ein Mitorganisator, der sich Tito nennt. Die miese Stimmung wurde schnell wieder von Applaus abgelöst, spätestens als er „Rassisten sind Arschlöcher“ ins Mikro rief. Doch auch um die müsse man sich bemühen.

„Das betrifft jeden“, sagte Demonstrant André. Er könne die Ängste der Pegida-Anhänger vor Muslimen nicht nachvollziehen – und die ihnen unterstellte Deutschenfeindlichkeit erst recht nicht. Es sei dumm, wenn sich die Mehrheit in einer Gesellschaft von einer Minderheit diskriminiert fühle. Es seien vielmehr muslimische Jugendliche, die beispielsweise bei der Suche nach Ausbildungsplätzen benachteiligt würden.

„Flüchtlinge dürfen aus Angst vor gesellschaftlichem Abstieg nicht als Sündenböcke missbraucht werden“, sagte auch Cansu Özdemir (Linke). Die Parolen der Pegida-Leute seien veraltet und hätten hier keinen Platz.

Erschreckend sei, wie weit Ausländerfeindlichkeit in der, sagte Mitorganisator Tito. „Deshalb: Macht den Mund auf!“

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