Deutschlandfahnen bei Pegida: Schwarz-rot-goldener Hass

Bei der Fußball-WM 2006 war Schwarz-Rot-Gold auf einmal überall. Nun kommt die Deutschlandfahne massenhaft bei Pegida vor. Gehört sie nun endgültig den Rechten?

„Wir bestimmen, wer hier dazugehört“: Flagge bei Pegida in Dresden Bild: dpa

BERLIN/DRESDEN dpa | Bei der Fußball-WM 2006 war es ein Massenphänomen: Die Deutschen hatten beim Turnier im eigenen Land auf einmal Lust auf Schwarz-Rot-Gold. Die Folgen: Bratwurst-Packungen, Partyschminke und Überzieher für den Autorückspiegel in Nationalfarben. Es gab Bücher, die „250 Gründe, unser Land heute zu lieben“ lieferten. Auch in den Jahren danach holten die Deutschen zu Fußball-Events gerne kollektiv die Fahne aus dem Schrank – nicht zuletzt bei dem DFB-Sieg in Brasilien 2014.

Und nun immer wieder Pegida. Die Demos der Islamophoben sind nicht nur in Dresden an den Deutschlandfahnen zu erkennen. Wird Schwarz-Rot-Gold jetzt nur noch mit Rechtsextremen verbunden? Der Sozialwissenschaftler Ulrich Wagner von der Universität Marburg, sagt, wenn die Fahne auf Dauer „okkupiert“ werde, könne das für manche Menschen einen Bedeutungswechsel bringen – sie würde aus ihrer Sicht noch konservativer, so Wagner.

Sein erster Gedanke beim Anblick von Schwarz-Rot-Gold in Dresden: „Was bedeutet das für Haltungen, Einstellungen und Akzeptanz von Einwanderern in Deutschland?“ Untersuchungen hätten belegt, dass Fragebögen etwas fremdenfeindlichere Ergebnisse bekommen, wenn sie mit einem National-Logo versehen sind.

„Deutschlandfahne und schwarz-rot-goldene Accessoires sind für Pegida wichtig, weil sie identitätsstiftend wirken“, sagt Dagmar Schewidy, Autorin des Buches „Ganz entspannt in Schwarz-Rot-Gold?“. Beides sorge für die emotionale Rückbindung und den Zusammenhalt. „Das ist gerade für eine Bewegung, die so heterogen ist, von großer Bedeutung.“ Und: „Sollte Pegida über längere Zeit Bestand haben, würde sich ein unbefangener Umgang mit den Nationalfarben sicher nicht mehr so einfach wie bei den letzten Fußball-Events herstellen lassen.“

Der Bremer Sozialwissenschaftler Klaus Boehnke von der Jacobs University erkennt bei Pegida die sichtbare Abgrenzung von Ausländern. Eine Botschaft der Fahnen sei: „Wir bestimmen, wer hier dazugehört“. Er hat noch eine zweite Komponente beobachtet: Fahnen können eine Reaktion auf eine Situation der Angst sein, ähnlich wie in den USA nach den Terroranschlägen von 9/11, als die „Stars and Stripes“ noch sichtbarer wurden.

An den Ku-Klux-Klan erinnert

Bundesinnenminister Thomas de Maizière ärgert sich offenbar, wenn die Nationalfarben für die Zwecke der Pegida-Bewegung genutzt werden. „Ich möchte nicht eine Demonstration sehen, wo ein Kreuz in Schwarz-Rot-Gold so beleuchtet ist, dass es mich an den Ku-Klux-Klan erinnert“, sagte der CDU-Politiker bei einer Podiumsdiskussion in Dresden.

Bei jungen Politikern ist das Verhältnis zur Fahne geteilt. Die Grüne Jugend ist kritisch. „Das teils sehr unverkrampfte Auftreten mit Nationalsymbolen in den vergangenen Jahren hat dazu beigetragen, dass Nationalismus wieder stärker akzeptiert wird“, sagt Sprecher Erik Marquardt. Wichtig sei ihnen, für eine weltoffene Gesellschaft einzutreten, wie es in den vergangenen Wochen viele Zehntausend Menschen gegen Pegida gemacht hätten – ganz ohne Nationalfahnen.

Die Junge Union spricht dagegen von einem „aufgeklärten Patriotismus in Deutschland“. Den grenzt sie „bewusst und ausdrücklich von nationalistischem Gedankengut und einigen ausländerfeindlichen Parolen von Pegida“ ab. So formuliert es der Bundesvorsitzende Paul Ziemiak. „Ich denke nicht, dass Pegida die Kraft hat, dem Verhältnis der Deutschen zu ihrer Hymne oder ihren Nationalfarben zu schaden.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.