Parlamentswahlen in Griechenland: Triumph für Syriza

Syriza gewinnt die Parlamentswahlen mit Abstand. Für Aufregung sorgt jedoch auch die gute Platzierung der rechtsradikalen „Goldenen Morgenröte“.

Die Syriza-Anhänger jubeln nach Bekanntgabe der ersten Wahlprognosen. Bild: reuters

ATHEN taz | Nach ersten Hochrechnungen kommt das Linksbündnis von Alexis Tsipras auf 35 bis 39 Prozent der Stimmen, während die bisher regierende konservative „Neue Demokratie“ bei 23 bis 27 Prozent stagniert. Damit wäre für die Linkspartei eine absolute Mehrheit im 300-köpfigen griechischen Parlament durchaus möglich. Denn das griechische Wahlrecht sieht vor, dass der Wahlgewinner 50 Extrasitze im Parlament erhält. Mit dem amtlichen Endergebnis wird daher erst am Montag gerechnet.

Den Einzug ins neue Parlament schafften laut den Prognosen auch die Kommunisten mit 4,7 bis 5,7 Prozent (13 bis 16 Mandaten) und die bislang mitregierenden Sozialisten mit 4,2 bis 5,2 Prozent (12 bis 15 Mandaten). Ersten Analysen zufolge wählten zahlreiche Stammwähler der früheren sozialistischen Volkspartei Pasok nun das Linksbündnis Syriza.

Die Rechtspopulisten der Unabhängigen Griechen schafften laut den Prognosen ebenfalls den Sprung über die 3-Prozent-Hürde. Sie lagen bei 3,5 bis 4,5 Prozent der Stimmen. Die Partei des ehemaligen griechischen sozialistischen Regierungschefs Giorgos Papandreou musste zittern. Sie lag bei 2,2 bis 3,2 Prozent.

Schon im Voraus jubelte die linksliberale Zeitung der Redakteure: Es sei das erste Mal seit der Gründung des griechischen Staates, dass die Linke im Vorraum der Macht stehe, und zwar durch eine parlamentarische Prozedur, nicht durch Krieg, Besatzung oder Guerillakampf – eine deutliche Anspielung auf den blutigen griechischen Bürgerkrieg (1946-1949), der mit der Niederlage der linksgerichteten Partisanenbewegung endete.

Tumultartige Szenen

Einen fulminanten Auftritt legte Tsipras am Sonntag im Wahllokal, wo er seine Stimme abgab: Dutzende Journalisten versammelten sich dort, dicht gedrängt auf kleinster Fläche, um ein Bild oder einen O-Ton zu ergattern. Sobald Tsipras erschien, spielten sich tumultartige Szenen zwischen den Reportern ab, und der Linkspolitiker musste auf einen Stuhl hinaufklettern, um die Menge der Pressevertreter zu überblicken. Anders lief es beim abtretenden Ministerpräsidenten Antonis Samaras: Im gemütlichen Beisammensein gab er seine Stimme in seiner Heimatstadt Pylos ab und sprach ganz ruhig vor der Kamera des staatlichen Fernsehens.

Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias ist nach Bekanntgabe der amtlichen Wahlergebnisse laut Verfassung verpflichtet, dem Vorsitzenden der stärksten Partei unverzüglich einen Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. Folglich müsste Tsipras voraussichtlich noch am Montag den Auftrag bekommen. Sollte die Linkspartei auf Koalitionspartner angewiesen sein, käme als solche vor allem die 2014 gegründete Partei der politischen Mitte „To Potami“ in Betracht.

Die betont europafreundliche Gruppierung um den TV-Journalisten Stavros Theodorakis erreicht laut Prognosen 8 Prozent der Stimmen. Bei Bedarf würde Tsipras allerdings auch nicht zögern, bei der rechtspopulistischen Truppe der „Unabhängigen Griechen“ um Unterstützung oder zumindest Tolerierung im Parlament zu werben, da diese ebenfalls die Austeritätspolitik vehement ablehnt.

Für Aufregung sorgt die erneut gute Platzierung der rechtsradikalen „Goldenen Morgenröte“ bei der Wahl. Die ausländerfeindliche Gruppierung erreicht laut ersten Prognosen etwa 8 Prozent der Stimmen und kämpft um den dritten Platz, obwohl Parteichef Nikolaos Michaloliakos und führende Parteimitglieder derzeit in Untersuchungshaft wegen „Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation“ sitzen und auf ihren Prozess warten. Eine absolute Mehrheit wäre im griechischen Parlament durchaus möglich.

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