Die Streitfrage: „Es muss Hoffnung geben“

Am Sonntag sollen in der Ukraine die Kämpfe aufhören – so wurde es in Minsk vereinbart. Aber ist damit die Gefahr eines Krieges gebannt?

Das Familienfoto des Gipfels von Minsk. Was verraten Blicke und Körperhaltungen über die Zukunft der Ukraine? Bild: dpa

Hoffnung: das Wort der Woche. Hoffnung für die Ukraine, Hoffnung für Europa, Hoffnung auf ein besseres Verhältnis zu Russland und die Hoffnung, dass die beim Gipfeltreffen in Minsk vereinbarte Waffenruhe doch halten könnte.

17 Stunden hatten sie in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in der weißrussischen Hauptstadt verhandelt: Kremlchef Putin, der ukrainische Präsident Poroschenko, Frankreichs Staatschef Hollande und Kanzlerin Merkel waren geladen. Am Ende der 17 Stunden standen ein Abkommen und vier Unterschriften. Ab Sonntag soll kein weiterer Schuss mehr im Krisengebiet Donbass fallen. Seit dem Treffen in Minsk wird jedoch auch ein neues Wort vermehrt in den Raum geworfen: Illusion.

Für Kanzlerin Merkel hieß es gleich nach den Vertragsunterzeichnungen vom frühen Donnerstag „Ich habe keine Illusion, wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig.“ Auch der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk macht im Deutschlandfunk Gebrauch vom I-Wort: „Nach all den Rückschlägen der letzten Monate und Tage haben wir keine Illusionen mehr. Zu oft mussten wir erleben, dass alle Abkommen, die von Russland bis jetzt unterschrieben wurden, im Endeffekt nur ein Fetzen Papier geblieben sind.“

Vielleicht erleben wir nun auch wieder ein Aufblühen des A-Wortes: Angst. Der russische Philosophie-Professor Michail Ryklin sieht hierfür gute Gründe: „Nach dem was mit der Krim passierte und jetzt auf dem Südosten der Ukraine vor sich geht“ herrsche in Europa „eine ganz und gar berechtigte Angst vor dem Krieg“, sagte er der taz.am wochenende. Moskau habe zu häufig mit entsprechenden Drohungen gespielt, als das man sie nicht ernst nehmen dürfe.

10 Jahre Youtube: Wie die Videoplattform im Internet zur lukrativen Bühne für Profis und Jungsstars wurde, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 14./15. Februar 2015. Außerdem: Dupsy Abiola hat einen berühmten Vater, ein Start-up-Unternehmen und Visionen. Ein Gespräch über die damit verbundenen Freuden und Abgründe. Und: Was Wirtschaftsunternehmen an Universitäten anrichten, wenn sie Geld an Einfluss knüpfen. Hochschulwatch ist angesagt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Noch während der laufenden Verhandlungen in Minsk sollen nach ukrainischen Angaben 50 weitere Panzer die Grenze aus Russland überquert haben. Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger sieht in Anbetracht dieses Kurses der militärischen Auseinandersetzung eine berechtigte Kriegssorge innerhalb der Europäischen Grenzen. „Jede Aufrüstung kann auch auf der anderen Seite wieder einen neuen Vorwand liefern, weitere Schritte der Eskalation zu rechtfertigen“, sagte sie der taz.

Mit der gleichen Beunruhigung schaut auch Polen auf die neuesten Berichte über Waffenlieferungen in die Ost-Ukraine. Der polnische Botschafter in Deutschland, Jerzy Marganski, schreibt in der taz.am wochenende: „Es ist wichtig, dass in Minsk ein Waffenstillstand ausgehandelt wurde, noch wichtiger ist, dass er eingehalten wird.“

Sorge, Beunruhigung, Angst – Panik? Emotionen, vor denen man sich schützen müsse, schreibt der ungarische Filmregisseur Béla Tarr in der taz.am wochenende: „Das ist ein Propagandakrieg und solange niemand durchdreht, müssen wir keine Angst haben.“ Unabhängig davon, wie es um die Ukraine stehe, dürfe der letzte Funke Zuversicht niemals verloren gehen: „Ich will, dass die Menschen stärker sind, nicht schwächer. Es muss Hoffnung geben.“ Und da ist es dann doch endlich wieder, das H-Wort.

Die Streitfrage „Muss Europa Angst vor einem Krieg haben?“ beantworten außerdem der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz, die längjährige Friedensaktivstin Eva Quistorp, die Leningrad Cowboys sowie die taz-Leserin und Politikstudentin Alina Rapoport – in der taz.am wochenende vom 14./15. Februar 2015.

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