Sachbuch über Ökobewegung: Alternative Spinner?

Vom 18. Jahrhundert bis heute: Der Soziologe Udo Simonis porträtiert 40 Vordenker des Umweltschutzes. Es ist keine Erfolgsgeschichte.

Die Geschichte der Ökobewegung und ihr Resultat. Bild: dpa

Der Umweltschutz als ein zentrales gesellschaftliches Problem hat in den letzten Jahrzehnten, teils auch Jahrhunderten Vordenker hervorgebracht. Wie Kalenderblätter berichten kurze Kapitel in Simonis Buch Wissenswertes über bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten. Die einigermaßen subjektiv anmutende, aber gleichwohl interessante Auswahl reicht vom Protagonisten des Ökologiebegriffs aus dem 19. Jahrhundert, Ernst Haeckel, über Albert Schweitzer, Rachel Carson, den Anthroposophen Rudolf Steiner bis hin zur Umweltökonomin und Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom.

Simonis bietet eine inspirierende Zusammenstellung, sofern man eher den ersten Überblick und keine mehr in die Tiefe gehende, zuweilen auch kritische Betrachtung sucht. Beispielsweise wird dem Philosophen der Generationengerechtigkeit Hans Jonas („Das Prinzip Verantwortung“, 1979) eine kritische Analyse seiner zwar im Ziel löblichen, in der Argumentation aber eher an religiöse Glaubenssätze erinnernden Theorie erspart.

Ähnliches gilt für Rudolf Steiner und Albert Schweitzer. Und beim Erfinder des Nachhaltigkeitsgedankens in der Forstwirtschaft, Carl von Carlowitz, wird die kontroverse Frage ausgespart, ob die von Carlowitz behauptete Waldknappheit in der Frühen Neuzeit tatsächlich bestand. Oder ob einfach die Adligen nur vermeiden wollten, dass ihnen die Bürger beim Jagen in die Quere kommen und das kostbare Wild verscheuchen.

Auch lebende oder gerade verstorbene Persönlichkeiten wie Elinor Ostrom werden im Simonis Band porträtiert, auch sie zuweilen mit dem Weichzeichner bewunderungswürdiger Berühmtheit. Ostrom etwa hat keineswegs, wie hier zu lesen ist, das Allmendeproblem gelöst. Gemeint ist damit das Problem, dass Gemeingüter wie das Klima oder die Weltmeere, zu denen alle kostenlosen Zugang haben, oft übernutzt werden. Ostrom hat lediglich erkannt, dass in kleineren Gemeinschaften durchaus ein sorgsamer Umgang mit den Allmenden vorkommt. Für die Weltklimapolitik lässt sich daraus aber nichts ableiten, denn dort geht es nicht um kleinräumige Situationen.

Udo Simonis (Hg.): „Vordenker und Vorreiter der Ökobewegung. 40 ausgewählte Porträts“. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2014, 168 Seiten, 19,80 Euro

Schadstoffemission steigt

Interessant wäre es gewesen, die reale Wirkung der Personen zu ermitteln. Dass Vorbilder Menschen stark beeinflussen, ist aus der empirischen Psychologie bekannt. Aber wie groß ist die Wirkung von Vordenkern, die reden und oft nur an einzelnen Stellen real handeln?

Eine Erfolgsgeschichte ist der Umweltschutz trotz aller verbalen Omnipräsenz ja nicht unbedingt. In den Industriestaaten sind Ressourcenverbrauch, Klimagasemissionen und teilweise auch Schadstoffemissionen pro Kopf seit Anfang der 1970er Jahre gestiegen. Oder sie wurden schlicht in die Entwicklungsländer verlagert, wo unsere Konsumgüter immer öfter produziert werden.

Vielleicht sollte man deshalb öfter mal über Menschen reden, die insgesamt anders leben und wirtschaften. Und die bisher allzu oft als alternative Spinner abgetan werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.