Kommentar Hamburgs Linken-Chefin: Ränkespiele auf Sandkastenniveau

Dora Heyenn hat für ein tolles Ergebnis der Hamburger Linken bei der Bürgerschaftswahl gesorgt. Die Missgunst einiger Genossen ist ein Desaster.

Gekippt: die Fraktionsvorsitzende der Hamburger Linkspartei. Bild: dpa

HAMBURG taz | Wenn Dummheit schmerzen würde, die Fraktion der Hamburger Linken würde derzeit laut schreiend durch das Rathaus laufen. Da wollen einige Abgeordnete – viele schon lange im politischen Geschäft – ihrer beliebten Chefin, die gerade ein tolles Wahlergebnis im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf geholt hat, einen kleinen Dämpfer verpassen, damit nicht ganz abhebe.

Zuerst stellt man ihr gegen ihren Willen eine gleichberechtigte Doppelspitze an die Seite und dann, damit die Botschaft noch ein wenig klarer wird, beschließen einige Abgeordnete ihr auch für den verbliebenen Posten nicht die Stimme zu geben, damit ihr Ergebnis nicht zu donnernd ausfällt.

Da gleich mehrere Fraktionsmitglieder auf diese famose Idee kommen und sich untereinander nicht abstimmen, ist das Resultat verblüffend: Die Chefin, Dora Heyenn heißt sie, wird nicht zur Fraktionsvorsitzenden gewählt und ist auch, nachdem man ihr versichert hat, man habe das ja gar nicht so gemeint, unwillig erneut zu kandidieren. Stattdessen verlässt sie am Tag danach überraschend die Fraktion, die ihr das Vertrauen nicht mehr aussprach.

Chefin weg, Abgeordnete weg und in den sozialen Netzwerken und professionellen Medien geht ein Shitstorm über die neue Fraktion hernieder. Von Wählertäuschung und Königinnenmord ist die Rede. Vier Jahre bestach die Hamburger Linke in der Bürgerschaft durch ein professionelles, intrigenfreies und konstruktives Miteinander. Innerhalb nur einer Woche hat sie dieses Image, das ihr im Februar solide 8,5 Prozent Wählerstimmen einbrachte, nachhaltig demontiert und steht nun vor einem Scherbenhaufen.

Dora Heyenns Schritt ist nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar aber ist das Verhalten der Mehrheit der Fraktion, die ihr die Unterstützung versagte. Die Kritiker Heyenns haben amateurhaft taktiert und beispiellos überzogen. Ränkespiele auf Sandkastenniveau. Den Denkzettel, den sie verteilen wollten, hätten sie selber verdient.

Und mehr noch: Die sechs, die Heyenn aus der Fraktion trieben, sollten sich überlegen, ob sie nicht die Verantwortung für das Wahldesaster übernehmen und ihre Mandate niederlegen. Nur so ist ein wirklicher Neuanfang möglich. Geschieht das nicht, wird die Fraktion auf Dauer mit dem Makel leben müssen, die Politikerin, der sie ihre Existenz in dieser Stärke überhaupt erst verdankt, hinterrücks gemeuchelt zu haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.