Erhöhter Förderzins: Ölsucher lassen sich abschrecken

Mehrere Unternehmen interessieren für die Ölvorkommen in Schleswig-Holstein und haben sich Gebietsrechte gesichert. Fracking-Gegner mobilisieren und bekommen durch eine deutliche Erhöhung des Förderzinses ungeahnte Unterstützung.

Je höher der Ölpreis, desto mehr müssen Betreiber abgeben: Für die Ölförderung auf der Plattform Mittelplate im Wattenmeer gilt eine neue Regelung. Bild: dpa

Die Kommunalpolitiker in den betroffenen Gebieten sind alarmiert, die Bevölkerung aufgeschreckt und die Fracking-Gegner auf der Zinne. Jedes Mal, wenn die Bergbehörde eine neue Erlaubnis für die Untersuchung von Erdöl und Erdgasfeldern in Schleswig-Holstein erteilte, herrschte Aufregung – auch wenn es für die Unternehmen erst mal nur darum ging, Claims abzustecken. Für zwölf Gebiete gab es entsprechende Genehmigungen in den letzten Jahren. Doch nun gibt es eine Entwicklung in die Gegenrichtung, die etwas leiser daher kommt: Firmen geben Lizenzen zurück oder verkleinern ihre Gebiete.

Der Grund dafür ist, dass das Land Schleswig-Holstein zum Jahreswechsel den Förderzins für neue Abbauprojekte massiv angehoben hat – auf das Maximum dessen, was das Bundesgesetz erlaubt. Die Unternehmen müssen nun 40 Prozent des Verkaufserlöses der Rohstoffe abgeben. Für die Ölförderung in bestehenden Projekten – die Plattform Mittelplate im Wattenmeer etwa – gilt jetzt ein Automatismus. Je höher der Ölpreis, desto mehr muss der Betreiber prozentual an das Land abgegeben. Alle Unternehmen mit neuen Förderprojekten in Schleswig-Holstein mussten also neu rechnen – auch angesichts des im Moment niedrigen Öl-Preises.

Den ersten Rückzieher machte die Firma Max Streicher im Dezember. Sie gab die Aufsuchungserlaubnis für das Gebiet Rosenkranz-Nord zurück. Das umfasste den nördlichen Festland-Teil des Kreises Nordfriesland und den westlichen Kreis Schleswig-Flensburg. Ende Januar erklärte PRD Energy, am Feld Gettorf, das sich westlich von Kiel zwischen Neumünster und Eckernförde befindet, kein Interesse mehr zu haben. Im März verkleinerte das Unternehmen seine vier weiteren genehmigten Gebiete erheblich – um 1.000 Quadratkilometer.

Die Ablehnung von Fracking ist Konsens in Kiel

Unternehmen auf Suche nach dem Rohstoff müssen verschiedene Genehmigungen beantragen.

Eine bergrechtliche Erlaubnis garantiert dem Inhaber, dass er in einem Gebiet exklusiv nach Rohstoffen suchen darf. Dafür muss er an das Land eine Abgabe zahlen.

Eine bergrechtliche Bewilligung sichert einem Unternehmen das Recht, allein in einem Gebiet Rohstoffe zu suchen, zu fördern und zu verkaufen. Ein Erlaubnis, in den Boden einzugreifen, ist damit nicht verbunden.

Erst ein genehmigter Betriebsplan ermöglicht, Öl oder Gas zu fördern. In diesem Plan müsste das Unternehmen auch festschreiben, mit welchen Methoden es arbeitet. In diesem Stadium ist in Schleswig-Holstein noch keines der neuen Projekte.

Die offizielle Begründung des Kieler Umweltministers Robert Habeck (Grüne) für die Erhöhung des Förderzinses ist eher abstrakt. Es gehe darum, nicht erneuerbare Ressourcen zu schonen, erklärte er. Doch je weniger neue Projekte zur Förderung von Erdöl und Erdgas es gibt, desto weniger oft besteht nur die theoretische Möglichkeit, dass statt dessen auf Fracking gesetzt wird. Diese Abbau-Methode zu verhindern, ist Konsens in der Kieler Landespolitik. Doch in der Umsetzung ist das nicht einfach.

Habeck hat das Raumordnungsrecht geändert, dass Fracking in Schleswig-Holstein ausgeschlossen. Außerdem hat er angekündisgt, das Genehmigungsverfahren aus dem Landesbergamt an sich zu ziehen und das behördliche Okay zu verweigern, wenn ein Unternehmen eine Förderung mit Fracking beantragt. Doch ob so eine Entscheidung vor den Gerichten Bestand hätte, wenn dann das Bergrecht in seiner bisherigen Form gilt, ist unklar. Nicht nur deshalb bemühte sich Habeck auch über den Bundesrat um ein Verschärfung dieses Bergrechts in der Fracking-Frage.

Dea stellt "alle Projekt auf den Prüfstand"

Das Unternehmen Dea erwägt seit Jahren, die Förderung alter Ölfelder wieder aufzunehmen – unter anderem im Feld Schwedeneck bei Kiel. Doch ob das angesichts der Steuererhöhung passiert, ist ungewiss. „Wir stellen alle Projekt auf den Prüfstand“, sagt Dea-Sprecher Derek Mösche. „Wir waren schon überrascht von der Erhöhung, weil Niedersachsen zeitgleich die Förderabgabe gesenkt hat.“ Etwas optimistischer klingt Reinhard Gast, der das norwegische Unternehmen Central Anglia vertritt, das in Sterup bei Flensburg sein Feld hat. „Unser Vorhaben rechnet sich noch“, sagt er. Aber es sei alles im Fluss.

Der BUND ist in Schleswig-Holstein eine der Organisationen, die den Protest gegen Fracking vorantreibt. Sprecher Tobias Langguth ist erleichtert über die Rückzieher der Unternehmen. Allerdings gibt er zu bedenken, dass eine neue Regierung den Förderzins wieder senken – und ein steigender Ölpreis die Förderung wieder attraktiver machen könnte. „Uns wäre eine eindeutige rechtliche Regelung lieber“, sagt er.

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