Lohnprellung bei der „Mall of Berlin“: Urteil gegen Baufirma

Monatelang warten rumänische Bauarbeiter auf ihren Lohn. Jetzt bekommen sie ihn zugesprochen – die Baufirma war nicht zur Gerichtsverhandlung erschienen.

Passanten an der „Mall of Berlin“. Bild: dpa

BERLIN dpa | Nicolae Molcosa kauert im Berliner Arbeitsgericht auf dem Stuhl. In zwei großen Tragetaschen finden seine wenigen Habseligkeiten Platz. Pullover und eine Flasche Wasser ragen aus den Tüten. Der Rumäne ist derzeit obdachlos und will sich ausstehenden Lohn einklagen. Er arbeitete auf der Baustelle des großen Berliner Einkaufszentrums „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz. Er ist nicht der einzige Bauarbeiter, der sich um seinen Arbeitslohn betrogen sieht.

Im Raum 213 geht es an diesem Freitag um zwei Rumänen, die bei einem Subunternehmen angestellt waren und noch immer auf ihr Geld warten. Die Verhandlung dauert nur wenige Minuten. Dreimal ruft Richter Andreas Rook Vertreter der verklagten Baufirma auf. Es bleibt ruhig im Flur. „Das kann auch Taktik sein“, vermutet Rechtsanwalt Sebastian Kunz, der die Arbeiter vertritt. Die Anwälte des Unternehmens erscheinen nicht.

Kunz beantragt deshalb ein sogenanntes Versäumnisurteil, das Gericht folgt dem Antrag. Das Urteil werde eine Woche nach Zustellung wirksam, sofern es keinen Einspruch gebe, sagt ein Gerichtssprecher danach. Er rechnet damit, dass es in der kommenden Woche zugestellt wird.

Molcosa stehen nach Angaben seines Anwalts 1.200 Euro zu, dem anderen Rumänen 4.400 Euro. Die Bauarbeiter hätten über Monate ihren versprochenen Lohn von fünf Euro die Stunde nicht erhalten, erläutert der Rechtsanwalt. Sie wollten nun den Mindestlohn einfordern. Kunze vertritt insgesamt sieben rumänische Bauarbeiter. Am 14. und 20. April sind Gütetermine für weitere Arbeiter angesetzt.

Kein Wasser auf der Baustelle

Er habe hart auf der Baustelle arbeiten müssen, sagt Molcosa nach der Verhandlung. „Wir sind wie Tiere behandelt worden“, lässt er übersetzen. Ihm und seinen Landsleuten sei der Zugang zu Wasser verwehrt worden, sagt der 45-Jährige. „Wir wurden wohl deshalb anders behandelt, weil wir nicht die deutsche Sprache verstanden“, erzählt er. Von Diskriminierung wollte er jedoch nicht sprechen: „Wir haben aber keine Informationen über unsere Rechte erhalten.“

Die Basisgewerkschaft „Freie Arbeiter und Arbeiterinnen Union“ (FAU), die einige Bauarbeiter unterstützt, vermutet eine weitaus höhere Zahl von geprellten Arbeitern auf der früheren Baustelle. Das Einkaufszentrum mit 270 Geschäften war Ende September 2014 eröffnet worden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte Ende Oktober zwei Baufirmen vorgeworfen, 18 Arbeiter teilweise nicht bezahlt zu haben. Die Gewerkschaft schätzte, dass etwa 33.000 Euro an Löhnen ausstehen.

Der Bauherr des Einkaufszentrums versicherte damals, die von seiner Seite beauftragte Baufirma sei überpünktlich bezahlt worden. Dass die beschuldigte Firma nicht vor dem Arbeitsgericht erschien, deutet Molcosa so: „Sie denkt wohl, dass sie über dem Gesetz steht.“ Der Rumäne aus der Nähe von Bukarest will seinen Lohn, so er ihn bekommt, als Startkapital nutzen und sich in Berlin eine Wohnung suchen und wieder Arbeit finden. Irgendwann hofft er seine beiden Kinder wiederzusehen. Sie wohnen bei seiner Ex-Frau in Rumänien.

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