Versicherungen wollen nicht zahlen: Risiko Flüchtlingsunterkunft

Wer Flüchtlinge aufnimmt, muss wegen „Gefahrenerhöhung“ um Versicherungsschutz bangen. Ein fatales Signal, findet Justizminister Maas.

Nach einem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft in Fehndorf bei Haren an der Ems Bild: dpa

BERLIN taz | Hausbesitzern und Herbergsbetreibern, die Flüchtlinge aufnehmen möchten, droht offenbar eine Anhebung des Versicherungsbeitrages wegen Gefahrenerhöhung oder sogar der Verlust des Wohngebäudeschutzes.

Was nach Einzelfällen aussah, scheint System zu haben: In den letzten Monaten berichteten verschiedene Medien aus Marburg, Augsburg, Kassel und Berlin, dass Betreibern von Flüchtlingsunterkünften die Versicherung gekündigt wurde. Zuletzt sorgte der Fall eines Feriendorfs im Odenwald für Schlagzeilen. Dort soll die Basler Versicherung laut Medienberichten den Inventarschutz gekündigt haben, nachdem 98 Asylbewerber in die Anlage eingezogen waren. Verärgert schaltete sich daraufhin Bundesjustizminister Heiko Maas in die Debatte ein: „Wenn Versicherungen ausgerechnet Verträge für Flüchtlingsunterkünfte kündigen, ist das ein fatales Signal.“

Einige Versicherer weigerten sich offenbar grundsätzlich, die Gebäude zu versichern. In allen Fällen aber sollen sie eine vielfach höhere Versicherungsprämie gefordert haben. Nach Recherchen der Zeit erhöhten sich die Kosten um das Drei- bis Fünffache. Die Gesellschaften stuften Flüchtlingsunterkünfte ähnlich ein wie Spielhallen oder Jugendherbergen. Worin aber genau das erhöhte Risiko besteht, blieb in den genannten Fällen unklar. Möglicher Grund könnte die Sorge vor Anschlägen sein: Das Bundeskriminalamt meldete für 2014 die Rekordzahl von 162 Angriffen auf Asylbewerberheime.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verteidigte die Praxis seiner Mitglieder. Hauptgeschäftsführer Jörg von Fürstenwerth erklärte auf der GDV-Website, dass es nur verantwortungsvoll sei, wenn die Versicherer auf eventuelle Gefahrenlagen hinwiesen und erst den Versicherungsschutz vereinbarten, wenn die Mängel beseitigt seien.

Der stellvertretende Geschäftsführer von Pro Asyl, Bernd Mesovic, hält diese Risikoüberprüfung zwar generell für richtig. Das Problem bestehe aber darin, dass rechtlich ungeklärt sei, nach welchen Kriterien das Risiko höher eingestuft werden dürfe. Die Brandschutzregeln für Hotels seien bereits ausreichend. Flüchtlinge bedeuteten kein erhöhtes Risiko. Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund ergänzt: „Brandanschläge können nicht der sachliche Grund sein, warum Versicherungsprämien steigen.“

Auf eine Anfrage der taz reagierten der GDV und der Verband der öffentlichen Versicherer ausweichend: Die Prämienkalkulation variiere von Versicherer zu Versicherer. Es lasse sich keine generelle Aussage treffen.

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