Die großartigste Generation

US-SENDER Pivot will den amerikanischen Fernsehmarkt revolutionieren. Die Zielgruppe: jung, kreativ und gebildet

AUS WASHINGTON ANTJE PASSENHEIM

Zwischen 18 und 34 Jahre jung, gebildet und im optimalen Fall kreativ mit Weltverbesserungstendenz. So soll er aussehen, der Zuschauer eines neuen TV-Kanals, der Anfang des Monats in den USA auf Sendung gegangen ist. Pivot fischt nach all den jungen Hinguckern, die dem herkömmlichen Fernsehprogramm in den vergangenen Jahren durch digitale Medien und soziale Netzwerke abhandengekommen sind.

„Wir sind ein TV-Netzwerk der nächsten Generation für die großartigste Generation: die Millennials“, sagte Pivot-Chef Evan Shapiro bei der Vorstellung all denen, die um die Jahrtausendwende mit den neuen Medien aufgewachsen sind. 40 Millionen Haushalte starteten in den USA zunächst mit dem Bezahlfernsehsender. Der soll sich zum einen lohnen. Zum anderen soll er das junge Publikum unterhalten, mitnehmen und zum Anpacken motivieren.

Den Wandel wolle Pivot anstoßen, predigt Shapiro bei jeder Pressekonferenz. „und zwar in Bezug auf die Gesellschaft, Generation und Industrie“. Es sei Zeit, Letztere in eine nachhaltige Richtung zu lenken, damit sie auch lerne, auf die wahren Bedürfnisse der Zuschauer zu achten.

Pivots Mutterkonzern hat bereits bewiesen, wie das geht. Hinter dem neuen Sender steckt nämlich die preisgekrönte Film- und TV-Produktionsfirma Participant Media, die sozialkritische Kinofilme wie „Food.Inc“ über die US-Lebensmittelindustrie, aber auch historische Schinken wie Oscargewinner „Lincoln“ produziert hat. Ihr Gründer ist der kanadische Internetunternehmer, Filmproduzent und Philanthrop Jeff Skoll – der ersten Präsident des Internet-Auktionshauses Ebay.

Heimat

Pivot, erklärt Shapiro, wolle seinen Zuschauern etwas von diesem Schwung mitgeben. „Ein Platz zum Beginnen, ein Platz zum Nachhausekommen“ soll das Publikum von seinem Sender erwarten können, dessen Programm natürlich selbst ausschließlich von jungen Leuten geprägt wird.

Eine fand dort bereits ihr Zuhause: Meghan McCain, die Tochter des Senators, John McCain, die ab September in ihrer Doku-Talk-Reihe „Raising McCain“ verschiedene Orte besuchen wird, um dort mit Vertretern ihrer Generation zu plaudern. „Ein anderer Sender hätte mich abblitzen lassen, weil ich Republikanerin bin“, erklärte die junge Moderatorin. Und ergänzt: „Meiner Meinung nach ist die politische Polarisierung die größte Bedrohung für Jugendliche in Amerika.“ Sie sei zu Pivot gekommen, weil das für sie die Mitte zwischen der Realityshow Kardashians und dem politischen Dokumentationssender C-SPAN sei.

Neben Dokus, Sitcoms, Talkshows und Musiksendungen produziert Pivot auch getunte Hochkultur. So erzählt die Dramaserie „Will“ die Geschichte des jungen Shakespeare – mit vibrierendem Soundtrack und modernster Drehtechnik. Produzent und Drehbuchautor ist Craig Pearce, der so eine Botoxkur schon mit Romeo & Julia fürs Kino gemacht hatte. Und auch auf religiöse Ausgewogenheit setzt der Kanal mit Humor – etwa mit der Comedy „Unsere kleine Moschee“. Eine Muslim-Gemeinde in der kanadischen Prärie bekommt darin endlich eine eigene Moschee – ausgerechnet in einer Kirche.

„Unsere Aufgabe ist es, Geschichten zu erzählen, die Menschen dazu inspirieren, sich mehr für die Welt um sie herum einzusetzen“, so Participant-Chef Jim Berk, „Wir wissen, dass dies nicht geschieht, solange die Zuschauer die Quelle und den Inhalt einer Geschichte nicht authentisch finden.“

Nicht allein

Um herauszufinden, was die Zielgruppe am meisten bewegt, habe Pivot ausgiebige Erhebungen gemacht. Das Ergebnis sei eine Generation gewesen, die die tendenziöse Berichterstattung mit Sorge betrachte und die sich von den sozialen Medien verleitet fühle.

„Es ist die erste digitale Generation der Weltgeschichte“, so Pivot-Chef Shapiro. „Und sie fühlt sich überrumpelt und gefangen.“ Der neue TV-Kanal wolle dieser Generation eine Plattform bieten, über die sie sich austauschen kann – und in der sie sich nicht alleine fühle.