Die Brache als Schauplatz

CUVRYBRACHE Neue Vernetzung gesucht und auch eine weitere Öffnung zu den Anwohnern. Am Samstag lud man auf der Cuvrybrache zur Diskussion und einem Tag der offenen Tür

„Die Menschen hier haben es viel nötiger zu bleiben“

EINE ANWOHNERIN DER BRACHE

VON FELIKS TODTMANN

Weil es da doch ein wenig an der Kommunikation nach außen fehlte und es immer mal wieder zu Konflikten mit Anwohnern kam, wollten die BewohnerInnen und UnterstützerInnen der Cuvrybrache mal in die Offensive gehen: Am Samstag hatten sie AnwohnerInnen und Interessierte zum Tag der offenen Cuvry geladen.

Dabei gab es auch eine Diskussionsrunde am Nachmittag, an der etwa 25 Leute teilnahmen. Die meisten waren AnwohnerInnen und AktivistInnen von Initiativen gegen Mieterhöhungen und Verdrängung. Themen der Runde waren die Zukunft der Brache und ihrer BewohnerInnen, die Probleme und Wünsche der NachbarInnen, aber auch ganz praktische Fragen wie die Müllentsorgung und Regeln für das Zusammenleben auf der Cuvry.

„Wir wollen neue Ideen und Perspektiven einholen und vor allem auch ein offenes Ohr für die Sorgen und Wünsche der AnwohnerInnen haben“, erklärte Sofie A. Sie wohnt seit einem Jahr auf der Brache und hatte gemeinsam mit anderen AktivistInnen den Tag der offenen Cuvry geplant.

Die Pläne der Investoren

Pläne von Investoren für die Bebauung der seit den 1990er Jahren leer stehenden Fläche am der Spree gab es in der Vergangenheit viele. Meist scheiterten sie am Widerstand der Anwohner. 2007 begannen die ersten Menschen, sich auf der Fläche anzusiedeln, zuerst nur vorübergehend. Seit fast zwei Jahren nun leben auf dem 8.400 Quadratmeter großen Areal Obdachlose, Roma-Familien und Aussteiger. Zuletzt kamen Flüchtlinge hinzu, die zuvor in der besetzten Hauptmann-Schule gewohnt hatten. Etwa 150 Leute wohnen momentan in den Hütten und Zelten auf der Cuvry.

Auch der derzeitige Besitzer, der Immobilieninvestor Artur Süsskind, plant die Freifläche zu bebauen, Baubeginn könnte schon im nächsten Jahr sein. 270 Wohnungen sollen laut Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung entstehen, außerdem ein Supermarkt, Gastronomie, eine Kita. 20 Prozent der Wohnfläche sollen als „bezahlbarer Wohnraum“ zu einem Quadratmeterpreis von 6,50 Euro vermietet werden.

Doch vorher müsste die Fläche erst einmal geräumt werden. Das Räumungsersuchen dafür hat Süsskind bereits im Juni dieses Jahres gestellt. Derzeit prüfe man das Ersuchen noch, heißt es von der Polizei.

Die Angst der AnwohnerInnen ist groß, dass nach einer Räumung auch die letzte Freifläche im Viertel verschwindet. Deswegen wollen sich die Cuvry-BewohnerInnen auch politisch besser organisieren und vernetzen. Auch darüber sollte am Tag der offenen Tür geredet werden.

Während der Diskussion schauten sich die Interessierten auf der Cuvrybrache um: Familien mit Kinderwagen, Touristengruppen und immer wieder auch Anwohner, die Säcke mit Kleiderspenden vorbeibrachten. Zum Beispiel auch Flora Z. Sie ist in Kreuzberg aufgewachsen und wohnt mit ihrer zweijährigen Tochter Mila in der direkten Nachbarschaft.

Sie unterstützt die Menschen auf der Brache, weil die sonst keinen anderen Ort hätten, sagt sie. „Seitdem ich denken kann, steht die Fläche leer“, erzählt sie. „Es ist doch super, dass die Leute das hier nutzen.“

Sie ist gegen eine Bebauung der Cuvry: „Die Menschen hier haben es viel nötiger zu bleiben.“ Auch Jacky B., die in der Bar Zur fetten Ecke gegenüber der Brache arbeitet, lehnt die Pläne ab. „Es muss auch Platz für alternative Wohnformen geben“, sagte sie. Sie berichtete aber auch von Konflikten mit einzelnen Cuvry-BewohnerInnen, die bei ihr in der Bar Wasser holen oder auf Toilette wollen. „Manche werden aggressiv, wenn man sie wegschickt“, berichtete sie.

Am Abend zeigte sich Sofie A. zufrieden mit den Ergebnissen vom Tag: „Es hätten mehr Leute von außen kommen können, aber ich denke, wir haben einen guten Anfang gemacht.“

Auch in Zukunft sind Interessierte beim wöchentlichen Plenum, immer dienstags um 19 Uhr, eingeladen, sich einzubringen.