: Unversöhnliche Erinnerungen
In der Reihe „Täter – Opfer – Widerstand“ der VVN läuft diesen Sonntag eine Dokumentation, die ohne Kommentar zwei Männern das Wort gibt, die im spanischen Bürgerkrieg in gegnerischen Armeen gekämpft haben
Einmal im Monat gibt es im Metropolis einen von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, VVN, ausgewählten Film zu sehen. Am Sonntag läuft „Unversöhnliche Erinnerungen“, den Klaus Volkenborn 1979 drehte.
Im spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis ’39 kämpften auf Seiten der Republik AntifaschistInnen aus vielen Ländern in den „Internationalen Brigaden“ mit. Unter ihnen viele EmigrantInnen aus dem Deutschen Reich, wie Ludwig Stillger. Als Stillger 1933 nach Holland flüchten musste, begann für den zweiten Protagonisten, Henning Strümpell, seine Ausbildung zum Jagdflieger im Nazi-Deutschland. Strümpell meldete sich freiwillig zur Legion Condor, die international bekannt geworden ist durch die Bekämpfung der Zivilbevölkerung in Spanien, welche sich dem faschistischen Putschgeneral Franco widersetzte: Mit modernster Militärtechnik.
Am 26. April vor 70 Jahren bombardierte die Legion Condor die nordspanische Kleinstadt Guernica: die erste Flächenbombardierung einer Stadt zwecks Terrorisierung der Zivilbevölkerung in der Geschichte – eine deutsche Erfindung. Drei Tage später marschierten Francos Truppen in Guernica ein. Die offizielle Propaganda sprach nach dem Sieg Francos bis zum Ende der Diktatur 1975 davon, dass „die Roten“ Guernica angezündet hätten. Am 31. Mai 1939 wurde die siegreich zurückkehrende Legion Condor im Hamburger Hafen von der Bevölkerung begeistert empfangen, auf der Moorweide hielt Hermann Göring eine Rede und überreichte den neuen Orden “Spanienkreuz“ an zahlreiche Piloten der Legion Condor.
Als der Film „Unversöhnliche Erinnerungen“ entstand, lebten noch viele Flieger der Legion Condor. Die Filmemacher lernten Strümpell auf einem jährlichen Treffen der „Gemeinschaft der Jagdflieger“ kennen, an dem Ex-Piloten von Hitlers Wehrmacht und der Bundeswehr teilnahmen. Er hat wie viele aus der Legion Condor in der Bundeswehr Karriere gemacht und diese als pensionierter General verlassen. Stillger dagegen hat als Kommunist gegen die Wiederbewaffnung protestiert und wurde nach dem KPD-Verbot 1956 erneut verfolgt. Er arbeitete wieder als Maurer und lebte später von einer niedrigen Invalidenrente.
Es ist spannend zu sehen, wie die Aussagen Stillgers und Strümpells im Film gegenübergestellt werden. Für Stillger war es ein „notwendiges Übel“, in einer Armee zu kämpfen. Der Gegner „muss kampfunfähig gemacht werden, und das kann ja nicht der Sinn des Lebens sein“. Strümpell dagegen: „Im Wesentlichen hat man sich gefreut auf das Abenteuer.“ Offenherzig gibt er zu: „Jeder Jagdflieger, der in einen Luftkampf kommt, der will natürlich gerne einen abschießen, das ist doch klar.“
Nach dem Film wird Dr. Regina Girod vom Verein „Freunde und Kämpfer der Spanischen Republik 1936 – 1939“ über das Schicksal einiger Spanienkämpfer erzählen, die sie noch selbst gekannt hat. Für sie zeigt der Film „sehr eindrucksvoll die menschliche Größe und Selbstlosigkeit eines einfachen Mannes, der nicht nur in Spanien, sondern auch danach sein Leben für seine Überzeugungen einsetzte, ohne dafür irgend eine materielle oder moralische Anerkennung zu erwarten oder zu erhalten. Dagegen steht das Porträt des Condor-Fliegers und späteren Bundeswehrgenerals für die personelle Kontinuität von faschistischem Offizierskorps und Bundeswehr.“
GASTON KIRSCHE