Der Papst und die Familie: „Drei Kinder passen zu Katholiken“

Franziskus sagt, Menschen sollen sich nicht wie „Karnickel vermehren“. Katholiken dürfen verhüten, meint der katholische Eheberater Erhard Scholl.

Katholiken müssen keine Fußballmannschaften produzieren Bild: dpa

taz: Herr Scholl, nach Ansicht von Papst Franziskus müssen sich Menschen nicht uneingeschränkt fortpflanzen. Gerade sagte er in einem Interview, dass sich gute Katholiken nicht wie "Karnickel vermehren müssen". Wie finden Sie das?

Erhard Scholl: Sprachlich ist das ein wenig an der Grenze. Aber gut an dem Satz ist, dass sich der Papst konkret zur Familienplanung äußert.

Er sprach von „verantwortungsbewusster Elternschaft“.

Er macht das an einem Fall deutlich, bei dem eine Frau nach sieben Kaiserschnitten kein achtes Kind mehr bekommen muss. Auch weil es sie möglicherweise das Leben kosten könnte.

Familien mit sieben Kindern sind hierzulande sehr selten.

Das stimmt. Aber viele Katholiken in Deutschland fühlen sich allein gelassen bei Fragen der Verhütung und Familienplanung. Da gibt es zwar klare katholische Gebote, aber wenig konkrete Unterstützung, wie die Menschen sie umsetzen können.

Pille und Kondome sind aus katholischer Sicht verboten. Das stellt der Papst nicht in Frage.

Deutsche Bischöfe haben sich jedoch schon vor Jahren für die Gewissensfreiheit ausgesprochen. Das heißt, jedes Paar entscheidet für sich, wie es verhütet.

66, ist Psychologe, Theologe, Eheberater und Vorsitzender des Bundesverbandes katholischer Ehe-, Familien- und Lebensberaterinnen und –berater.

Pille und Kondom sind demnach erlaubt?

Wenn es dem Paar entspricht, hat es auch nach kirchlicher Lehre die Freiheit, nach seinem Gewissen zu entscheiden.

Die meisten Katholiken empfinden die Haltung ihrer Kirche gegenüber Sex und Verhütung ohnehin als überholt.

Aber es gibt Redebedarf. Nach wie vor sehen viele die Verantwortung für Verhütung bei der Frau. Es stünde der Kirche sehr gut an zu sagen: Männer, das ist auch euer Job.

Bei der Familiensynode der katholischen Kirche im vergangenen Herbst, bei der es unter anderem um Verhütung ging, setzten sich die Hardliner gegen die Reformer durch.

Die Sorge der Hardliner, die auf dem katholischen Regelwerk bestehen, ist die Sorge, dem Willen Christi untreu zu werden. Hier ist es Aufgabe der Reformer zu sagen: Wir leben im Hier und Jetzt und brauchen dafür konkrete Unterstützung durch die Kirche. Und die Gläubigen sollten den Bischöfen vermitteln, dass sie selbst als mündige Christen die Frage der Empfängnisverhütung so regeln können, wie das zu ihnen passt. Nicht die Methode sollte im Mittelpunkt stehen, sondern die Beziehung des Paares.

Der Papst hat vorgeschlagen, dass eine Familie drei Kinder haben sollte.

Der Papst hat diese Zahl sicher nicht als Vorgabe gemeint, sondern als Orientierung. Dabei geht es auch um die Situation der Eltern und nicht nur um einen ungebremsten Kindersegen. Dass der Papst hier Verantwortlichkeit einfordert, finde ich richtig.

Auf der einen Seite das fehlende Bekenntnis zu nichtnatürlicher Familienplanung, auf der anderen das Plädoyer für weniger Kinder. Ist das nicht widersprüchlich?

Der Satz mit den drei Kindern ist so schlecht nicht. Er zielt darauf, dass nicht jeder Beischlaf zum Kind führen muss, sondern dass ein Paar nach seinen eigenen Möglichkeiten und Grenzen fragen darf, was die Zahl der Kinder angeht. In den Hirnen mancher Katholiken spukt noch immer der Glaube, dass sie jedes Kindlein, das ihnen der Herrgott schenkt, nehmen müsssen. Franziskus hat hier ein Maß vorgegeben.

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