Afghanische Helfer der Bundeswehr: Nur die Hälfte darf nach Deutschland

Weil sie der Bundeswehr in Afghanistan halfen, fürchten sie die Rache der Taliban. Doch nicht einmal die Hälfte der „Ortskräfte“ darf nach Deutschland einreisen.

Die afghanische Ortskraft Omid S. (l) im Camp Marmal in Masar-i-Scharif. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Bundesregierung hat bislang weniger als der Hälfte der nach eigenem Bekunden gefährdeten Ortskräfte in Afghanistan die Einreise nach Deutschland zugesagt. 1.201 afghanische Mitarbeiter der Bundeswehr, des Innen- und des Entwicklungsministeriums sowie des Auswärtigen Amtes hätten die Einreise wegen Bedrohungen etwa durch die radikalislamischen Taliban beantragt, teilte das Einsatzführungskommando in Potsdam auf Anfrage mit. Von den 1.195 bearbeiteten Anträgen seien 553 positiv beschieden worden – das entspricht einer Quote von rund 46 Prozent.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sicherte Afghanen, die der Bundeswehr während des Isaf-Kampfeinsatzes als Ortskräfte geholfen haben und deshalb in ihrer Heimat bedroht werden, eine Aufnahme in Deutschland zu. Die CDU bekenne sich klar dazu, „dass wir zivilen Mitarbeitern, die uns in Afghanistan unterstützt haben, und deren Familien helfen“, sagte er. „Wenn diese aufgrund des Abzugs der Bundeswehr in Gefahr sind, sollen sie eine Aufnahme in Deutschland angeboten bekommen. Für uns ist ganz klar, dass wir hier eine Verpflichtung haben.“

Etwa die Hälfte der Afghanen, die bisher eine Zusage erhielten, sind mit ihren Familien nach Deutschland ausgereist. Die Aufnahmezusagen gelten bis Ende 2015. Die meisten Anträge – 1.020 – entfielen auf afghanische Mitarbeiter der Bundeswehr. Davon sind den Angaben zufolge bislang 1.017 bearbeitet worden, 444 Zusagen wurden erteilt. Die Bundeswehr beschäftigt derzeit noch 612 afghanische Ortskräfte.

Der Kampfeinsatz der Internationalen Schutztruppe Isaf läuft zum Jahresende nach 13 Jahren aus. Nach Bundeswehr-Angaben können auch Ortskräfte bei der Nato-Nachfolgemission „Resolute Support“ die Ausreise beantragen, wenn sie bedroht werden. An „Resolute Support“ beteiligt sich die Bundeswehr mit bis zu 850 Soldaten. Aufgabe ist die Ausbildung und Beratung afghanischer Sicherheitskräfte.

Vor einem Jahr war ein Ex-Mitarbeiter der Bundeswehr, der als „latent gefährdet“ galt, in Kundus ermordet worden. Nach Monaten war dem Übersetzer die Aufnahme in Deutschland zugesagt worden, die er dann nicht mehr erlebte. Der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl forderte damals, bedrohte afghanische Ortskräfte schnell ausreisen zu lassen.

Zeitweise waren in Afghanistan mehr als 5.000 deutsche Soldaten. Für Tauber war der Einsatz insgesamt erfolgreich: „Dass es dem Land heute besser geht als unter der Herrschaft der Taliban, wird hoffentlich niemand bestreiten.“ Heute gingen acht Millionen Kinder zur Schule, 40 Prozent davon Mädchen. Damals habe es nicht einmal eine Million Schüler gegeben und darunter gar keine Mädchen.

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