Der sonntaz-Streit: Macht Liebe unemanzipiert?

Die Errungenschaften der Emanzipation werden schnell vergessen, wenn es Liebe ist. Dann besetzen Männer und Frauen wieder die alten Rollenmuster.

Wieder typisch: Sie hat das Anlehnungsbedürfnis, er die Schulter. Bild: dpa

Es ist Valentinstag. Ihr Treffen soll etwas ganz Besonderes werden. Deshalb lädt er sie zum Essen ein. In ein schickes, italienisches Restaurant, die beste Adresse am Platz. Obwohl der Schawarma-Imbiss um die Ecke eigentlich auch ganz gut ist und der Wirt die Portionen immer etwas größer macht, weil er einen kennt.

Er macht sich schick, zieht sogar einen Anzug an. Das macht er sonst nie. Sie hat während des Studiums für Gleichberechtigung gestritten, war Frauenbeauftragte an der Fakultät und achtet auf inklusive Sprache, trotzdem kleidet sie sich an diesem Abend betont weiblich, legt Rouge auf, wählt die Schuhe mit dem hohen Absatz.

Mit Blumen holt er sie von zu Hause ab. Im Restaurant nimmt er ihr zuerst den Mantel ab und bietet ihr dann den Stuhl an. Das alles bevor er sich selber setzt, versteht sich. Sie fühlt sich geschmeichelt und trinkt den guten Rotwein, den er ausgesucht hat, obwohl sie sonst eigentlich nur Weißwein trinkt. Am Ende besteht er darauf, die Rechnung zu zahlen, obwohl ihr monatliches Einkommen höher ist und beide das insgeheim wissen.

Die Antworten auf den sonntaz-Streit lesen Sie am 15./16. Februar 2014 in der taz.am wochenende. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz

Er buhlt um ihre Gunst. Das hat sie längst erkannt, aber es gefällt ihr, und sie genießt es geradezu. Dreieinhalb Stunden Restaurantbesuch haben ausgereicht, um ein halbes Jahrhundert Emanzipation zunichte zu machen.

Trotzdem haben wir ein unwahrscheinlich wohliges Gefühl, wenn wir uns ausmalen, wie ein Date abläuft. Fragt man Personen nach ihrer Vorstellung davon, laufen so oder so ähnlich die Bilder in den Köpfen der Befragten ab. Das hat eine - überhaupt nicht aussagekräftige - Spontan-Umfrage innerhalb der sonntaz-Redaktion ergeben.

Dass dieser Archetyp einer Verabredung voll althergebrachter Klischees ist und genauso gut auch aus einem Walt-Disney-Film entstammen könnte, ist nebensächlich. Das fiktive Beispiel sagt nicht nur einiges über unsere Vorstellungen von Romantik und Liebe aus, sondern auch über den Stand der Emanzipation. Es scheint, als sei die Liebe der einzige Bereich, in dem Emanzipation, die Befreiung von alten Rollenmustern, keine Wirkung entfaltet.

Verfestigt sich das Date zu einer Beziehung, werden diese Muster dann zementiert: Er verdient das Geld und macht Karriere, sie gibt alles auf - für ihn, die Kinder, den Haushalt. Ist das nicht immer noch oft so, Emanzipation eine Einbahnstraße, auf der nur Frauen unterwegs sind? Weil sie sich nicht traut, ihn anzusprechen; weil Männer die Eroberer sein wollen; weil sie sich am Anfang eh um die Kinder kümmern muss; weil er es irgendwie unmännlich findet, Elternzeit zu nehmen - und zwar mehr als die lächerlichen zwei Monate; weil sie auf Blumen steht und er auf Macht?

Deswegen fragen wir: Macht Liebe unemanzipiert? Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 15./16. Februar 2014. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie bis Mittwoch, 12. Februar, eine Mail an: streit@taz.de

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