Aktienbörsen mit hohen Werten: Der seltsame Höhenflug

Die Indizes DAX und Dow Jones klettern auf neue Rekordstände. Ist die Finanzkrise also vorbei? Von wegen.

Mehr auf als ab, derzeit. Bild: reuters

BERLIN taz | Es war eine Woche der Rekorde an den Börsen dies- und jenseits des Atlantiks. Der deutsche Aktienindex DAX knackte am Freitag die Marke von 8.000 Punkten, die er zuletzt vor Ausbruch der Finanzkrise 2007 und davor im Jahr 2000, vor dem Platzen der Spekulationsblase um Internetunternehmen, erreicht hatte.

Bereits am Dienstag war sein US-Pendant Dow Jones sogar auf den höchsten Stand aller Zeiten geklettert. Und der Londoner FTSE-Index brachte es immerhin auch auf den höchsten Wert seit fünf Jahren.

Zuletzt hatte der Dow Jones im Oktober 2007 einen Höchststand erreicht – da waren die ersten Hedgefonds schon pleite, einige Banken wie die deutsche IKB meldeten eine Schieflage. In den nächsten anderthalb Jahren verlor der Dow Jones mehr als die Hälfte seines Werts. Der Wiederaufstieg dauerte fast vier Jahre, doch jetzt hangelt sich der wichtigste US-Aktienindex täglich zu neuen Rekorden, bis auf zuletzt 14.329 Punkte. Der DAX folgt reflexhaft hinterher.

Verwundert reiben sich viele Beobachter die Augen: Ist die Finanzkrise denn endlich vorbei? Für die 12 Millionen Arbeitslosen in den USA, die unter dem derzeitigen Spardiktat am meisten zu leiden haben, sicher nicht. Genauso wenig wie für die 55 Prozent arbeitslosen Jugendlichen in Spanien. Und gerade munkelte FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle über einen Euro-Austritt Italiens.

Aufschwung in Sicht?

Warum sieht man das auf den Finanzmärkten auf einmal alles ganz gelassen? Das hat wenig mit der Aussicht auf einen baldigen Konjunkturaufschwung zu tun. Die jetzt wegen des ungelösten Haushaltsstreits in den USA in Kraft getretenen drastischen Ausgabenkürzungen lassen diese Aussicht nämlich wenig wahrscheinlich wirken.

Auch dass die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer Sitzung am Donnerstag zwar ihre Wachstumsprognose, nicht aber ihren Leitzins senkte, macht wenig Hoffnung. Daran ändern auch die von Konzernen wie Bayer oder Apple gemeldeten Rekordgewinne wenig. „Es gibt kein sonderlich euphorisches Gefühl“, kommentierte ein Händler an der Wall Street die Kursrallye.

Der Grund für die Kursrekorde ist ein anderer. Die „Wohin-sonst-mit-dem-Geld-Rally“ taufte die Zeitschrift Manager Magazin das Phänomen. Wer noch Geld hat, weiß schlicht nicht, wo er es anlegen soll, wenn nicht in Aktien. Gold und Immobilien sind jetzt schon wahnsinnig teuer, und die Zinsen für einigermaßen sichere Staatsanleihen gleichen nicht einmal die Inflation aus.

Der Hauptgrund dafür ist, dass die Zentralbanken massenhaft Geld in die Finanzmärkte pumpen, um die überschuldeten Staaten vor der Pleite zu retten. Es scheint paradox: Die Börsen boomen nicht etwa, weil die Krise vorbei ist – sondern weil die Notenbanker weiter mit allen Mitteln dagegen ankämpfen müssen.

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