Globaler Meeresschutz: Es fehlt nur das UN-Mandat

Ob Überfischung oder Chemikalienverklappung: Auf hoher See ist die Verfolgung von Umweltverbrechen bislang schwierig. Das soll sich ändern.

Lecker, aber nur wenn er regulär gefangen wurde: japanischer Tunfisch vor dem Verkauf. Bild: ap

BERLIN taz | Der ehemalige britische Außenminister David Miliband hat eine neue Aufgabe: Er wird die Global Ocean Commission leiten, die am heutigen Dienstag in London offiziell gegründet wird. Bis 2014 soll sie sich mit dem Schutz der Hochsee befassen.

Damit gibt es erstmals eine Organisation, die versucht, die in den internationalen Gewässern bestehenden Probleme gebündelt zu bekämpfen. Und die sind zahlreich: Hier werden bedrohte Arten überfischt, Korallenriffe in der Größe des brasilianischen Regenwaldes zerstört und Unmengen von giftigen Chemikalien verklappt. Bislang war ein effektives, einheitliches Vorgehen schwierig. Denn die hohe See ist zwar kein rechtsfreier Raum, aber die Kontrolle ist auf viele verschiedenen Organisationen aufgeteilt.

„Das schlimmste an der aktuellen Situation ist die Ausbeutung und Plünderung der Meere auf höchstem Niveau – das ökologische Äquivalent zur Wirtschaftskrise“, sagte Miliband der bitischen Zeitung The Guardian. Man wolle Vorschläge zu einer besseren Regulierung durch die Vereinten Nationen ausarbeiten.

Prominente Politprofis

Die Global Ocean Comission handelt dabei als eigenständige Organisation ohne Auftrag der Vereinten Nationen. Ihre Beschlüsse sind daher nicht bindend, sollen der UN-Vollversammlung aber als Orientierungshilfe für eine Neustrukturierung der Rechtslage in internationalen Gewässern dienen. Neben Miliband werden der ehemalige costa-ricanische Präsident José María Figueres und der ehemalige südafrikanische Finanzminister Trevor Manuel in der Komission mitarbeiten.

Auch WWF-Meeresexperte Tim Packeiser findet, dass die aktuelle Rechtslage überarbeitungsbedürftig ist: „Die institutionelle Landschaft zur Überwachung und Regulierung der hohen See ist furchtbar aufgesplittet.“ 370 Kilometer vor der Küste eines Staates endet das nationale Hoheitsgebiet, und die hohe See beginnt. Ab diesem Punkt verliert die nationale Rechtssprechung und somit die nationale Kontrolle ihre Wirkung.

„Die Agenda hat sich geändert“

Das internationale Seerechtsübereinkommen, das ab diesem Punkt gilt, wurde in den 70er Jahren von den Vereinten Nationen beschlossen und seitdem nicht mehr erneuert. „Die jetzige Regelung stammt aus einer Zeit, in der Themen wie Naturschutz oder Nachhaltigkeit gar nicht auf der Agenda standen“, sagt Packeiser. Das Seerechtsübereinkommen sieht eine Aufteilung der Kompetenzen auf verschiedene Unterorganisationen vor.

Der umstrittene Tiefseebergbau etwa wird von der Internationalen Meeresbodenbehörde überwacht, um den Güterverkehr auf den Weltmeeren kümmert sich die Internationale Schifffahrtsorganisation, und der Fischfang wird staatenübergreifend gar nicht reguliert. Die Organisationen stehen in keinem direkten Austausch und setzen auch keine gemeinsamen Projekte um, jede arbeitet für sich. „Wie soll es da gelingen, eine kohärente Meerespolitik durchzusetzen?“, fragt Packeiser.

Ideal sei eine einzige Organisation zur Überwachung der Weltmeere. Das allerdings leiste die neue Kommission in London nicht. Die Gruppe als solches hat kein Mandat und keine Entscheidungsbefugnisse. Entsprechend zwiespältig sieht der Meeresexperte die Arbeit der Gruppe: Die Beschreibung der Problemlage sei bereits sehr umfassend durch NGOs erfolgt, die auch schon Verschläge augearbeitet haben.

Doch durch ihre prominente Besetzung und die Kooperation mit bekannten Meeresschutzorganisationen wie Oceans 5 oder der Oxford University könne sie aber Aufmerksamkeit generieren und so langfristig zu einem Umdenken beitragen. „Am Ende muss allerdings ein Entschluss in der UN-Vollversammlung in New York fallen. Ich drücke die Daumen, dass die Kommission das bewirken kann.“

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