Symbolträchtige Niederlage für Hollande: Verfassungsrat stoppt Reichensteuer

Die politische Eile und Unfähigkeit der Regierungsparteien bei der Abfassung des Gesetzes ermöglicht dem Verfassungsrat, die „Reichensteuer“ vorerst zu kippen.

Kann eines seiner wichtigsten Wahlkampfversprechen erst mal nicht einhalten: Präsident François Hollande. Bild: rtr

PARIS taz | Kurz vor dem Jahresende muss der französische Staatspräsident François Hollande noch einen politischen Tiefschlag einstecken. Die Sonderabgabe auf Einkommen über 1 Million Euro, die sogenannte Reichensteuer, steht nach Ansicht des Obersten Verfassungsgerichts im Widerspruch zum Grundgesetz.

Am Prinzip, von den Privilegierten der Nation eine größere Anstrengung zu fordern, hatten die neun „Weisen“ des Conseil Constitutionnel zwar nichts auszusetzen. Doch bemängeln sie die Art und Weise, wie der Fiskus die hohen Einkommen von schätzungsweise 1.500 bis 2.000 auserwählten Steuerpflichtigen zu drei Vierteln kassieren sollte.

Die Reichensteuer auf das Einkommen von Einzelpersonen zu erheben verletze das Recht auf Gleichbehandlung, erklärten sie. Üblicherweise werde das Einkommen von Haushalten als Grundlage für die Einkommensteuer genommen.

Ein Haushalt, in dem jedes Mitglied pro Jahr 900.000 Euro verdiene, wäre von der neuen Steuer ausgenommen. Dagegen werde ein Haushalt dann mit dem Höchstsatz besteuert, wenn eines seiner Mitglieder ein Jahreseinkommen von beispielsweise 1,2 Millionen Euro habe. Für diese 200.000 Euro müssten dann 75 Prozent Steuern abgeführt werden.

Jubel bei der UMP

Eine große Genugtuung ist der Entscheid des Verfassungsgerichts ohnehin für die von internen Streitereien geschwächte bürgerliche Oppositionspartei UMP, die gegen zahlreiche Aspekte des Staatshaushalts geklagt hatte. Die Richter haben ihr nun in mehreren Punkten recht gegeben.

Das sei vorauszusehen gewesen, meint der Vorsitzende der Finanzkommission der Nationalversammlung, der UMP-Abgeordnete Gilles Carrez. Er sei höchstens erstaunt, dass es nicht mehr Einwände gegeben habe.

Die Verfassungsrichter unterstreichen in ihrem Kommuniqué kritisch die „signifikante Erhöhung der obligatorischen Abgaben“ im Staatshaushalt 2013. Es ist in Frankreich nicht selten, dass dieses Gremium zu hastig verfasste und im Eiltempo von den Volksvertretern gutgeheißene Gesetzestexte zurückweist.

Schlappe für Regierung

Ein solches Veto ist aber jedes Mal ein Schlappe für die betroffene Regierung. In diesem Fall fühlt sich Präsident François Hollande persönlich vom Tadel getroffen. Die Abgabe war nämlich sein Wahlversprechen.

Mehr als andere der „60 Maßnahmen“ in seinem Programm sollte sie den sozialen Ausgleich symbolisieren. Gerade weil es um ein Symbol geht, will Hollande nicht klein beigeben. Er hat eine neue Gesetzesvorlage mit derselben Stoßrichtung angekündigt.

Das Verfassungsurteil wird den Filmdarsteller Gérard Depardieu und andere Steuerflüchtlinge der letzten Monate wohl kaum ermutigen, nun gleich wieder nach Frankreich zurückzukommen.

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