Bonner Bombe: Streit um fehlende Bilder

Die Ermittler haben mehrere Verdächtige im Visier. Das wichtigste Überwachungsvideo wurde am Bahnhof nicht aufgezeichnet.

Nicht alles was hier gefilmt wird, wird auch gespeichert: Überwachungskamera der Deutschen Bahn. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach dem gescheiterten Bombenanschlag in Bonn hat der politische Streit über eine Ausweitung der Videoüberwachung begonnen. „Wir brauchen eine effiziente Videobeobachtung und Videoaufzeichnung auf öffentlichen Plätzen und in Bahnhöfen“, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dem Spiegel.

Wegen fehlender Videobilder vom Bahnsteig ist nach wie vor nicht geklärt, wer dort am Montag gegen 13 Uhr eine blaue Sporttasche mit einem selbst gebauten Sprengsatz abgestellt hat. Nach vorläufiger Einschätzung der Kriminaltechniker des nordrhein-westfälischen LKA war die Bombe vermutlich bereits gezündet worden, aber wegen eines Baufehlers nicht explodiert.

Zwar gibt es am Bahnhof ein halbes Dutzend Überwachungskameras der Bahn, die von einer Zentrale in Köln aus live beobachtet werden können. Die Bilder aus Bonn werden aber nicht gespeichert. Nun machen sich die für die Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen zuständige Bundespolizei und die Deutsche Bahn gegenseitig Vorwürfe. Die Polizei bestimme, was die Bahn an welchem Bahnhof aufzeichne, hieß es bei der Bahn.

Die Bundespolizei wiederum behauptete, die Deutsche Bahn weigere sich, genügend Kapazitäten für das flächendeckende Aufzeichnen von Videos zur Verfügung zu stellen. Im Ergebnis werden offenbar nur an den wichtigsten Bahnhöfen die Bilder der Überwachungskameras gespeichert – Bonn gehörte bisher nicht dazu.

Keine Verhaftungen

Allerdings liegt den Ermittlern eine Videoaufzeichnung aus einer McDonald’s-Filiale am Bonner Bahnhof vor. Darauf ist von schräg oben aufgenommen ein etwas korpulenter, weißer Mann mit rotbräunlichem Bart zu sehen, wie er kurz vor dem versuchten Anschlag augenscheinlich die Tasche mit der Bombe trägt. Einen zweiten Mann, der die Tasche zehn Minuten später am Gleis 1 abgestellt haben soll, beschrieben Jugendliche als einen schlanken, 1,90 Meter großen, schwarzen Mann. Auf dieser Grundlage wurde auch ein Phantombild erstellt.

Neben diesen beiden Männern haben die Ermittler mindestens einen weiteren Verdächtigen im Visier. Sie vermuten, das der versuchte Anschlag einen Hintergrund in der islamistischen Szene Nordrhein-Westfalens hat. Mehrere Namen kursierten in den vergangenen Tagen bereits. Wie belastbar die Hinweise sind, ist aber noch unklar. Verhaftet wurde bisher jedenfalls noch niemand.

Am Freitagnachmittag hatte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen übernommen. Es lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass in Bonn ein Sprengstoffanschlag einer inländischen Terrorgruppe islamistischer Prägung verübt werden sollte.

Die Bombe soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen Ähnlichkeiten mit einem Sprengsatz haben, der sich in einer per Internet verbreiteten Anleitung des Al-Qaida-Ablegers im Jemen findet. Sie bestand aus einem 40 Zentimeter langen Metallrohr, Batterien, zündfähigem Ammoniumnitrat und vier Gaskartuschen. Zur Zündung sollte ein Wecker verwendet werden. Schmauchspuren an der Tasche und der niedrige Ladestand der Batterien deuteten darauf hin, dass die Bombe bereits gezündet worden sei, hieß es. Eine Katatstrophe blieb womöglich nur wegen eines Bastelfehlers aus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.