UN votiert für Aufnahme Palästinas: Symbolisch, aber mit Wirkung

Eine in der Vollversammlung von 143 Staaten bejahte Resolution erkennt die Qualifikation der Palästinenser als UN-Vollmitglied an. Israel ist erzürnt.

Ein Bildschrim zeigt Wörter und Zahlen

Ein Bildschrim in der UN-Vollversammlung zeigt die Abstimmungsergebnisse Foto: Eduardo Munoz/reuters

JERUSALEM taz | Es sind so viele wie wohl noch nie, die sich am Freitag für die Aufnahme eines Staates Palästina in die Organisation der Vereinten Nationen (UN) aussprachen: 143 UN-Mitgliedsstaaten votierten für eine Resolution, die den Palästinensern die Qualifikation zuerkennt, Vollmitglied der zwischenstaatlichen Organisation zu werden. Neun Staaten – darunter die USA und Ungarn – stimmten dagegen, 25 Länder – darunter Deutschland und Italien – enthielten sich.

Die Abstimmung ist symbolischer Natur. Denn um tatsächlich Mitglied in der Versammlung zu werden, muss ein Prozess durchlaufen werden: Zunächst muss ein Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft gestellt werden, dann der Sicherheitsrat mit seinen 15 Mitgliedern zustimmen. Erst dann kann der Antrag in der Vollversammlung mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln angenommen werden.

Der Antrag liegt vor, im UN-Sicherheitsrat wurde bereits Mitte April darüber abgestimmt. Die USA blockierten mit ihrem Veto dort aber eine Zustimmung des Rates.

Die Resolution, über die am Freitag abgestimmt wurde, hatten die Vereinigten Arabischen Emirate im Namen der Arabischen Gruppe in der UN eingebracht. „Der Staat Palästina hat demonstriert, dass er eine Vollmitgliedschaft verdient“, erklärte der UN-Botschafter des Golfstaats, außerdem hätten mittlerweile mehr als 140 Länder Palästina als Staat anerkannt. Den Sicherheitsrat fordert die Resolution auf, seine Ablehnung einer Aufnahme der Palästinenser in die UN nochmals zu überdenken.

Israel: Haltung der UN sende Botschaft an Hamas

Die Resolution räumt den Palästinensern weiter als bisher reichende Rechte ein: So dürfen seine Vertreter künftig etwa in alphabetischer Reihenfolge zwischen den Mitgliedsstaaten Platz nehmen, Vorschläge einreichen und an Konferenzen der UN voll teilnehmen. Ein Stimmrecht erhalten sie aber nicht.

Offiziell verbleiben die Palästinenser in ihrem Status als Beobachterstaat. Diesen haben sie seit 2012 inne. Im Jahr 2011 wurde zuletzt versucht, Palästina in den Status eines Vollmitglieds in der UN-Versammlung zu erheben, in einer Kampagne namens „Palestine 194“ – eine Anspielung auf die Aufnahme als 194. Mitgliedsstaat. Auch damals stimmten die USA im Sicherheitsrat dagegen, die Palästinenservertreter beantragten schließlich den Status als Beobachter, der ihnen im November 2012 zugestanden wurde.

Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas betont: Die Resolution schütze die Zwei-Staaten-Lösung und das Recht der Palästinenser auf einen eigenen, unabhängigen Staat

Israel kommentierte die Abstimmung vom Freitag so: Die Haltung der UN-Mitgliedsstaaten sende eine Botschaft an die Terrorgruppe Hamas, dass sich Gewalt auszahle, schrieb etwa Außenminister Israel Katz auf dem Sozialen Netzwerk X. Auch UN-Botschafter Gilad Erdan zeigte sich äußerst erzürnt und schredderte am Rednerpult gleich Teile der UN-Charta.

Erwartungsgemäß erfreut zeigte sich hingegen die Palästinensische Autonomiebehörde: Präsident Mahmoud Abbas betonte im Nachgang der Abstimmung, die Resolution schütze die Zwei-Staaten-Lösung und das Recht der Palästinenser auf einen eigenen, unabhängigen Staat.

Vorstoß der Palästinenser für einen eigenen Staat

Die Zwei-Staaten-Lösung und ihre Umsetzung sind seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober wieder mehr in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. Die Palästinensische Autonomiebehörde – selbst seit 2007 in einem anhaltenden Konflikt mit der dschihadistischen Hamas – scheint das Momentum erkannt zu haben und kämpft vermehrt mit diplomatischen Mitteln um eine Anerkennung Palästinas als eigenen Staat. Ihre Bemühungen scheinen zumindest von kleinen Erfolgen gekrönt: Nach Angaben des EU-Außenpolitikers Josep Borrell sollen Spanien, Irland und Slowenien noch im Mai den Palästinenserstaat anerkennen.

Auch ein gemeinsam erarbeitetes Vorschlagspapier von Katar, Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie den Palästinensern sollte den Prozess der Staatlichkeit für Palästina vorantreiben. Es schlägt einen möglichen Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung vor, an deren Beginn eine Anerkennung des Palästinenserstaates steht. Die USA, denen das Papier vorliegt, sollen den Vorschlag aber abgelehnt haben. Für Washington soll die Anerkennung der Staatlichkeit Teil einer Lösung sein – aber nicht deren Beginn.

Ähnlich ist auch die Haltung der USA zu einer Vollmitgliedschaft eines palästinensischen Staates in der UNO: Der Antrag, so Washington, sei nicht das richtige Mittel, um Tatsachen zu schaffen. Ein palästinensischer Staat solle aus einem Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern hervorgehen.

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