Widersprüche im Kampf gegen Tesla: Es geht nicht nur um E-Autos

Elon Musk und Tesla blöd finden, ist leicht – und wer braucht schon elektrische Protzautos? In den Proteste steckt aber auch so mancher Widerspruch.

Protestierende hinter Banner mit Antifa-Fahne, grüner Rauch steigt auf

Was bleibt, wenn sich der grüne Rauch verzieht? Foto: IMAGO / Achille Abboud

Eins kann man den DemonstrantInnen, die Tesla in Grünheide belagert haben, nicht vorwerfen: dass ihre Aktionen ganz sicher so folgenlos bleiben werden wie etwa die Besetzung von Lützerath. Denn Tesla-Boss Elon Musk ist derart erratisch, dass es niemanden wundern sollte, wenn er nach ein paar weiteren Nadelstichen auf „X“ mitteilt, sich aus dem undankbaren Deutschland zurückzuziehen.

Es könnte ja auch ein willkommener Anlass sein, das Ende der Erfolgsstory „Tesla“ zu kaschieren: Die Verkaufszahlen sinken, Belegschaften werden reduziert, Kapazitätserweiterungen könnten sich bald als Fehlinvestitionen erweisen. Unter anderem sabotiert der kindisch-megalomane Superreiche die eigene Marke durch rechte Parolen.

Auf der anderen Seite macht es eine Figur wie Musk auch denkbar einfach, auf die Barrikaden zu gehen. Dabei ist die Realität nicht unbedingt so schwarz-weiß, wie die Bewegung es gerne darstellt.

Bezeichnend war, wie der Tesla-Sturm in den sozialen Medien vorhandene inhaltliche Spaltungen der Klimabewegung aufgezeigt hat. So twitterte der Blogger Jan Hegenberg AKA „Der Graslutscher“ (80.000 Follower) eine ätzende Kritik an „Trotteln“, die auf die „Lithiumlüge“ der Verbrennerindustrie hereinfielen. Der Batterierohstoff falle gar nicht so ins Gewicht.

In Wirklichkeit, so Hegenberg (der die „Trottel“ alsbald bereute und löschte), brauche die Energiewende auch E-Autos, sie seien ein Bestandteil des Umbaus zur dekarbonisierten Wirtschaft. Ja, die Anzahl privater Fahrzeuge dürfe „gerne stark sinken“, dafür „könnte man aber auch einfach eine sehr große Fabrik für Verbrennerautos belagern“. Die erzeugten nicht nur bei ihrer Herstellung, sondern auch im Betrieb unweigerlich CO2.

„Tesla-Freund*innen in der Bubble“

Für Ärger sorgte das beim Klimaaktivisten Tadzio Müller (immerhin 10.000 Follower), der den „Tesla-/Elektrokapitalismus-Freund*innen in der Klimabubble“ vorwarf, sie unterstützten mit der massiven Ausweitung der E-Auto-Produktion einen globalen Wachstumsschub, der die Überschreitung der globalen Grenzen nur fortsetze: „Ihr seht nur ein paar Autos. Ich sehe eine globale Produktionsinfrastruktur.“

Wie dem auch sei: Übersehen wird gern, dass etwa die Batterie-Produktion auch ohne E-SUVs enorm wachsen muss – wenn wir schon bald nur noch mit erneuerbaren Energien arbeiten, fahren und heizen wollen. Ohne massenhaften Speicherzuwachs geht das nicht, eine Alternative wäre nur die radikale Schrumpfung des gesamten Konsums. Die wird aber tatsächlich erst einmal nicht kommen.

Es gibt weitere Widersprüche: Natürlich leiden viele Menschen unter dem Raubbau von Lithium, eine weitaus größere Zahl aber profitiert durch Arbeitsplätze. Was das Ganze weder besser noch einfacher macht. Und wohin zielt eigentlich die Kritik an prekären Tesla-Jobs? Kann man gleichzeitig das Ende der Produktion und bessere Arbeitsbedingungen für die Produzierenden fordern?

Alles in allem: Es ist kompliziert.

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Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

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