Offensive im Süden Gazas: Israels Armee kommt Rafah näher

Israel hat die Kontrolle über den Grenzübergang Rafah übernommen. Dabei soll es sich noch nicht um die angekündigte Bodenoffensive handeln.

Ein Mann in den Trümmern seines Hauses in Rfah nach einem israelischen Luftangriff

Nach einem Luftangriff heute Morgen in Rafah kommen die israelischen Panzer Foto: Hatem Khaled/reuters

JERUSALEM taz | Nach einer Nacht der Bodenoffensive hat das israelische Militär nach eigenen Angaben die Kontrolle über den Grenzübergang Rafah aufseiten des Gazastreifens erlangt. Es veröffentlichte Bilder und Videos, die einen israelischen Panzer am Checkpoint zeigen, das eroberte Gebiet ist mit israelischen Fahnen markiert. Auch ein in den Sozialen Medien veröffentlichtes Video zeigt ein gepanzertes Fahrzeug, über dem eine gigantische israelische Fahne flattert, und das die Grenze zwischen Ägypten und Gaza bei Rafah entlangfährt. Ein anderes Video zeigt, wie ein Panzer über einen „I love Gaza“-Schriftzug fährt. In Friedenszeiten war der Schriftzug – wie in anderen Städten auch – ein beliebtes Fotomotiv.

Der Bodenoffensive, die in der Nacht zum Dienstag begann, war eine erste Evakuierungsphase von Zivilisten aus Ost-Rafah vorausgegangen. Am Montag hatte das israelische Militär dort Flugblätter abgeworfen und mit SMS und Aufrufen in den Medien zum Verlassen des Gebietes aufgerufen. Nach israelischen Angaben beschränken sich die Aktivitäten der Bodentruppen in Rafah bisher auf diesen Ostteil der Stadt, in dem sich auch der Grenzübergang nach Ägypten befindet.

Der Grenzübergang war bisher immer wieder geöffnet: Zur Ausreise für Doppelstaatler aus Gaza. Zur Ausreise derer, die es schafften, die horrend hohen Summen von über 5.000 US-Dollar zusammen zu bekommen, die das ägyptische Grenzregime für die Ausreise verlangte. Und für Hilfslieferungen, die teils über den Grenzübergang Kerem Schalom zwischen Gaza und Israel sowie einen weiteren Grenzübergang in Nordgaza, sowie über Rafah abgewickelt wurden.

Nun ist der Übergang geschlossen, wie das Hilfswerk OCHA der Vereinten Nationen monierte: Ihnen sei der Zugang nach Gaza via Rafah verweigert worden. Der gesamte Treibstoff für den Gazastreifen wird durch Rafah geliefert, OCHA warnte, dass der vorhandene Treibstoff in Gaza nur noch für einen Tag reiche. Die Weltgesundheitsorganisation erklärte außerdem, dass Israel auch für Kranke und Verwundete den Grenzübergang Rafah geschlossen habe. Deren Ausreise sei derzeit somit nicht möglich.

Noch nicht die angekündigte Bodenoffensive

Auch der Grenzübergang Kerem Schalom ist laut der Website der COGAT – die israelische Behörde, die sich um die Hilfslieferungen nach Gaza kümmert – seit dem Beschuss von Soldaten nahe des Übergangs am Sonntag noch immer geschlossen. Auch am Dienstag flogen erneut Geschosse aus Rafah Richtung Kerem Schalom, verletzt wurde niemand.

Die derzeit stattfindende Operation sei noch nicht die von Premierminister Benjamin Netanjahu angekündigte Bodenoffensive, berichtet die israelische Online-Zeitung The Times of Israel in Berufung auf eine Quelle im israelischen Staatsapparat. Was derzeit in Rafah passiere, diene dazu den Druck auf die Hamas zu erhöhen, einem Geisel-Deal zuzustimmen. Offiziell gab Israel an, trotz der Offensive einem Deal gegenüber weiterhin offen zu bleiben.

Über einen Deal verhandeln Israel und die Hamas über die Vermittler Katar, Ägypten und die USA seit Wochen. Er soll erreichen, dass Geiseln aus Gaza freigelassen werden, dafür sollen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Die Crux an dem Deal ist aber der von der Hamas im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln ebenfalls geforderte Waffenstillstand. Israel will lediglich einer temporären Waffenruhe zustimmen.

Montagabend, als auch die Offensive des israelischen Militärs begann, gab die Hamas an, einem Deal zuzustimmen. Israel reagierte prompt: Der von der Hamas akzeptierte Vorschlag sei wiederum für Israel inakzeptabel.

Die Pläne einer Bodenoffensive auf Rafah hatten in den USA schon vor ihrem Beginn für Unmut gesorgt. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte am Montag: Man werde eine Offensive auf Rafah, wie Israel sie sich vorstelle, nicht unterstützen. Und obwohl das Weiße Haus immer wieder betonte, dass es fest an der Seite Israels stehe, wurden die Meinungsverschiedenheiten in den vergangenen Wochen immer unübersehbarer. Nach Berichten des Wall Street Journals soll die US-Regierung unter Präsident Joe Biden nun die Lieferung von im Februar an Israel verkauften Waffen und Munition hinauszögern – zeitgleich mit dem Aufbau diplomatischen Drucks.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.