Angriffe auf demokratische Po­li­ti­ke­r*in­nen: Wenn auf Taten Worte folgen

Einschüchterung, mit Gewalt Angst erzeugen, gehört zum Repertoire der AfD. Die Angriffe gehen alle an, denen Demokratie etwas bedeutet.

Wahlplakat des angegriffenen SPD-Politikers Matthias Ecke

Ein Wahlplakat des sächsischen SPD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Matthias Ecke, an der Schandauer Straße in Dresden Foto: Robert Michael/dpa

Mit einer Täter-Opfer-Umkehr reagierte die AfD auf den brutalen Angriff in Dresden gegen den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke, während er Wahlplakate aufgehängt hat. Der Chef der AfD Sachsen, Jörg Urban, schrieb, er verurteile solche Taten, „allerdings muss sich die SPD fragen, inwieweit ihre ständige Hetze gegen politisch Andersdenkende zu solchen Eskalationen beiträgt“. Lesen könnte sich das Zitat auch durchaus als Legitimation für weitere Gewalt – bei der halbherzigen Distanzierung schwingt mit: „Selbst schuld, falsches Parteibuch.“

Die Reaktion zeigt unabhängig von den weitgehend noch unbekannten Hintergründen des Überfalls: Rechte wollen Gewalt, nehmen sie mindestens wohlwollend in Kauf. Sie zielen mit ihrer Demagogie darauf, ein Klima der Angst zu schaffen – einen permanenten Zustand wütender Empörung. Die rechte Gewalt richtet sich gegen alle, die nicht in das eigene Weltbild passen, und zielt auf weniger Widerspruch aus Angst an Orten, wo eine extrem rechte Hegemonie etabliert ist.

Eine neue Qualität ist die Häufung, fast schon Normalität und Alltäglichkeit von Angriffen auf Wahl­kämp­fer*­in­nen: Erst am Donnerstagabend in Essen ist ein grüner Kommunalpolitiker angegriffen worden, die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt wurde am selben Tag in Brandenburg von rund 50 Menschen bedrängt, Meldungen zu Angriffen auf Wahl­kampf­hel­fe­r*in­nen häufen sich. Bereits im Februar gab es einen Brandanschlag auf das Privathaus eines SPD-Politikers, der Demos gegen rechts organisierte.

Das Jahrzehnt des Aufstiegs der AfD und rechter Diskursverschiebungen geht nicht zufällig mit eskalierender rechter Alltagsgewalt, aber auch rechtem Terror einher. Der Mörder von Walter Lübcke lief auf AfD-Demos mit, eine AfD-Bundestagsabgeordnete sitzt wegen Umsturzplanungen in U-Haft und der rechtsextreme Hanau-Attentäter schaute am Vorabend seiner Tat offenbar Videos von Höcke-Reden auf einer Pegida-Kundgebung.

Position beziehen!

AfD-Anhänger*innen zeigen Galgen auf Demos, Rechtsextreme machen bei montäglichen Protesten Hausbesuche – auch beim CDU-Landrat. Gegen diese gezielte Einschüchterungstaktik hilft nur Solidarität auch über die Parteigrenzen hinweg. So spendet Campact jetzt jeweils 10.000 Euro an die betroffenen Ortsverbände der SPD und der Grünen für neue Flyer und Wahlplakate und ruft zum Nachahmen auf.

Ebenso wäre es wichtig, dass die Parteien überlegen, wie sie ihre Wahl­kämp­fe­r*in­nen besser schützen können, vor allem dort, wo die rechte Hegemonie zurückgedrängt werden muss. Warum sollten nicht mitgliederstarke Ortsverbände beim Plakatieren helfen und diese so schon zahlenmäßig verstärken? Auch wichtig ist es natürlich, bei lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen nachzufragen, was sie brauchen und wie man sie unterstützen kann.

Denn die Angriffe von rechts gehen alle an – auch das Heraushalten ist eine politische Handlung. Um dagegen Stellung zu beziehen, muss man keine Plakate kleben. Es reicht, seine Meinung zu sagen und für seine politische Haltung einzustehen – auch und gerade im sozialen Nahbereich in der Kneipe, im Fußballverein und auf der Familienfeier.

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Inland und taz Berlin. Themenschwerpunkte: soziale Bewegungen, AfD, extreme Rechte

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